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Korrespondent der „Welt”

Deniz Yücel kommt in Untersuchungshaft

Istanbul / Lesedauer: 2 min

Der Fall des Reporters aus Deutschland wird zur neuen Belastungsprobe im deutsch-türkischen Verhältnis. Von der Bundesregierung kommt harte Kritik.
Veröffentlicht:27.02.2017, 23:02
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Nach 13 Tagen im Polizeigewahrsam in Istanbul muss der „Welt”-Korrespondent Deniz Yücel auf unbestimmte Zeit in Untersuchungshaft in der Türkei. Der Istanbuler Haftrichter sei dem entsprechenden Antrag der Staatsanwaltschaft am Montagabend gefolgt, berichtete die „Welt”. Dem 43-jährigen Korrespondenten würden „Propaganda für eine terroristische Vereinigung und Aufwiegelung der Bevölkerung” vorgeworfen. Verdächtige können in der Türkei bis zu fünf Jahre in Untersuchungshaft gesperrt werden.

Yücel besitzt sowohl die deutsche als auch die türkische Staatsbürgerschaft. Er ist der erste deutsche Korrespondent, der seit Regierungsübernahme der islamisch-konservativen AKP des heutigen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan im Jahr 2002 in Untersuchungshaft kommt. Der Haftbefehl stieß auf scharfe Kritik.

Bundesaußenminister Sigmar Gabriel erklärte: „Das ist eine viel zu harte und deshalb auch unangemessene Entscheidung.” Der SPD-Politiker sprach von „schwierigen Zeiten für die deutsch-türkischen Beziehungen” und fügte hinzu: „Der Fall Deniz Yücel wirft ein grelles Schlaglicht auf die Unterschiede, die unsere beiden Länder offensichtlich bei der Anwendung rechtsstaatlicher Grundsätze und in der Bewertung der Presse- und Meinungsfreiheit haben.”

Merkel: „Maßnahme ist unverhältnismäßig hart”

„Die Nachricht (...) ist bitter und enttäuschend”, erklärte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Montagabend in Berlin. „Diese Maßnahme ist unverhältnismäßig hart, zumal Deniz Yücel sich der türkischen Justiz freiwillig gestellt und für die Ermittlungen zur Verfügung gestellt hat.”

Die Bundesregierung erwarte, dass die türkische Justiz in ihrer Behandlung des Falles Yücel „den hohen Wert der Pressefreiheit für jede demokratische Gesellschaft” berücksichtige. „Wir werden uns weiter nachdrücklich für eine faire und rechtsstaatliche Behandlung Deniz Yücels einsetzen und hoffen, dass er bald seine Freiheit zurückerlangt.”

Auch der Justizminister Heiko Maas (SPD) äußerte sich am Abend:

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Neue Qualität der Verfolgung

Die „Welt” berichtete, der Haftrichter Mustafa Cakar habe in der Vergangenheit schon mehrere Journalisten der regierungskritischen Zeitung „Cumhuriyet” zu U-Haft verurteilt. Der Staatsanwalt habe Yücel allgemein zu seinen Artikeln befragt und dann Haftantrag gestellt. Reporter ohne Grenzen teilte mit: „Dass ein Korrespondent einer namhaften ausländischen Redaktion sich jetzt gegen solche Anschuldigungen erwehren muss, bedeutet eine neue Qualität der Verfolgung, die deutlich über die bisherigen Schikanen wie Einreisesperren oder verweigerte Akkreditierungen hinausgeht.”