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Jakob-Kaiser-Platz

Doppeltes Bremen statt Hessen-Flagge blamiert Berlin

Berlin / Lesedauer: 3 min

Ist Bremen ein guter Ersatz für Hessen? So dachten findige Beamte in Berlin, doch sie hatten ihre Rechnung ohne die Landesregierung in Wiesbaden gemacht. Milder Spott ist die Folge.
Veröffentlicht:23.08.2017, 15:36
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Der Jakob-Kaiser-Platz im Berliner Stadtteil Charlottenburg ist nicht gerade der schönste in der Hauptstadt. Autokolonnen quälen sich durch einen Kreisverkehr, über Brücken führen gleich zwei Autobahnen unmittelbar an dem Kreisel vorbei. Einziger Lichtblick inmitten von Abgasen und Lärm ist die grüne Insel in der Mitte, auf der die Fahnen aller deutschen Bundesländer im Winde wehen. Aller Länder?

Nicht ganz, denn Hessens Flagge fehlt seit März, weil sie zerschlissen war und Geld für eine neue fehlte. Was anfangs auch kaum jemanden störte. Doch dann wuchs sich die Sache zu einer handfesten Posse aus, die irgendwie auch nur in Berlin spielen kann.

Findige Mitarbeiter im Bezirksamt hatten da so eine Idee...

Rückblick: Seit gut einem Jahrzehnt stehen am Jakob-Kaiser-Platz die Fahnenmasten. „Wir wollten den Platz verschönern, als eine Art 'Tor zu Berlin' für die Besucher präsentieren, die etwa vom Flughafen Tegel kommend über den Platz fahren”, heißt es aus dem Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf. Doch so eine Fahne hält bei Wind und Wetter nicht ewig, muss auch mal ausgetauscht werden.

Während das jahrelang funktionierte, auch weil das Bezirksamt die Flaggen kostenbewusst im Dreierpack einkaufte, ist nun alles anders. Im Frühjahr befand der neue Baustadtrat Oliver Schruoffeneger vor dem Hintergrund einer Haushaltssperre, dass nicht mehr nachbestellt wird. Es gebe wichtigeres als den Unterhalt der Fahnen, der pro Jahr mit 11.000 Euro zu Buche schlage. Die Müllbeseitigung in den Parks etwa.

Was also tun? Findige Mitarbeiter der Behörde kamen auf die Idee, einfach eine zweite Bremen-Fahne aufzuhängen. Die war noch auf Lager. Doch das erwies sich als Reinfall. „Es gab Diskussionen, Bürger riefen an und wiesen auf das doppelte Bremen hin”, schildert Michael Waibel aus dem Büro des stellvertretenden Bezirksbürgermeisters. Bremen II wurde wieder entfernt. Hessen blieb aber außen vor.

Keine „diplomatischen Verwicklungen” zwischen Berlin und Wiesbaden

Das wollte die Landesregierung in Wiesbaden nicht auf sich sitzen lassen, als sie von den finanziellen Nöten im fernen Berlin erfuhr. Sie bewies föderales Verantwortungsbewusstsein für die Hauptstadt und spendete eine rot-weiße Hessen-Flagge mit blauem Löwenwappen. Die Übergabe war am Mittwochnachmittag im Rathaus Charlottenburg.

„Wir sind in Hessen gewohnt, pragmatisch zu handeln und schnelle Lösungen zu finden”, sagt Lucia Puttrich dazu, Ministerin für Bundes- und Europaangelegenheiten, und schiebt gleich noch eine kleine Spitze hinterher: „Aber dauerhaft werden wir mit solchen kleinen Maßnahmen die Haushaltsprobleme von Berlin nicht lösen können.” Immerhin: „Die Angelegenheit hat zu keinen diplomatischen Verwicklungen geführt”, beruhigt Puttrich. „Wir haben es mit Humor genommen.”

Im Berliner Flaggenhaus am Alexanderplatz kostet eine drei Meter große Hessen-Flagge übrigens 77,98 Euro plus Mehrwertsteuer. „Digital bedruckt, Polyestergewirke, 110 Gramm je Quadratmeter, doppelt gesäumt und maschinenwaschbar”, wie Geschäftsführer Thomas Lünser erläutert. Eine Qualität, die im Berliner Wind drei bis vier Jahre hält. Andere Flaggen liegen, je nach Aufwand, in ähnlichen Größenordnungen.

Für die Bezirksverordnetenversammlung Charlottenburg-Wilmersdorf könnte dies eine wichtige Entscheidungshilfe sein. Die Volksvertreter wollen demnächst grundsätzlich über den weiteren Umgang mit der Flaggenproblematik beraten. Denn der Logik folgend dürfte früher oder später die nächste Fahne schlappmachen.