StartseitePanoramaEr ist einer der Höhlenretter

Ein Arzt berichtet über die riskante Rettungsaktion

Er ist einer der Höhlenretter

Berchtesgaden / Lesedauer: 3 min

Der Arzt Michael Petermeyer gehört zu dem Team, das den verunglückten Forscher retten will. Er kennt die überwältigenden Ängste, die Menschen in dieser Tiefe heimsuchen.
Veröffentlicht:15.06.2014, 17:15
Artikel teilen:

Michael Petermeyer ist selbst in solchen tiefen Schächten gewesen, hat Tage und Nächte in der Dunkelheit verbracht und der Kälte getrotzt. Der höhlenerfahrene Notarzt, Anästhesist und Neurochirurg aus Diez bei Limburg verstärkt das Einsatzteam in Berchtesgaden zur Rettung des in 1000 Metern verunglückten Höhlenforschers Johann Westhauser. Er ist einer von drei Ärzten, die bei der europaweiten Suche im ersten Anlauf gefunden wurden und fähig sind, in die Riesending-Höhle zu steigen, die tiefste und extremste Höhle Deutschlands. Nur eine Handvoll Ärzte können das; inzwischen kamen zwei Ärzte dazu. Während sich zwei Ärzte, ein Österreicher und ein Italiener, zu Westhauser vorkämpften, hielt Petermeyer die Stellung, beriet die Kollegen unten und das Retterteam oben. Er kennt Westhauser nicht persönlich, aber dass er zu den renommierten Höhlenforschern zählt, wusste er. Der Kreis all dieser Experten ist klein.

Am Dienstag, Tag drei nach dem Unglück, bekam der Arzt und Familienvater den Anruf. „Ich konnte noch fünf Patienten behandeln, dann hieß es: Um 12.30 Uhr geht der Flieger.“ Der 51-Jährige schloss seine Praxis für die ganze Woche, verlegte OP-Termine. „Ich hatte keine zehn Minuten Zeit zum Packen. Ich habe nicht mal ein Handtuch dabei – nur die Höhlensachen.“

Ganz in der Nähe des Unglücksortes war er selbst bereits bei einer Expedition in die Kolkbläser-Monsterhöhle dabei. Es gibt dort unten ganz spezielle Situationen, Enge, Dunkelheit. „Wenn man alleine ist, hört man irgendwann Stimmen.“ Das Geräusch von Wasser klinge wie Gemurmel von Menschen. Die Psyche schlägt unter den Extrembedingungen Kapriolen.

Der Umgang mit Angst und Panik ist ein wichtiges Thema. Man darf sich davon nicht übermannen lassen. Die Bergung selbst ist die zweite Herausforderung. „Es sprengt jede Vorstellung, was eine Rettung aus dieser Tiefe bedeutet. Es ist extrem verwinkelt, es geht um die Ecke. Es ist schmierig. Es ist eine Riesenherausforderung. “

Schon bei früheren Expeditionen in die Tiefe hat er sich Gedanken gemacht, was bei einem Unfall getan werden kann. Auf jeden Fall müsse die Betäubung sehr genau dosiert sein. Denn bei der Bergung sollte der Verletzte sich bewegen, mithelfen können.

Bleibt die Frage, warum setzten sich die Höhlenforscher überhaupt diesen Gefahren aus: „Die Antwort ist: Weil es zum Ur-Instinkt des Menschen gehört, den Dingen auf den Grund gehen zu wollen.“ Und: „Was hat Alexander von Humboldt getrieben? Warum wollen wir zum Mars? Die Menschen brauchen Ziele.“