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Erdbeben am Mittelmeer

Erdbeben erschüttern Ostspanien: Niemand sah die Gefahr voraus

Madrid / Lesedauer: 3 min

Die spanische Mittelmeerküste wird von einer Serie von Erdstößen erschüttert. Als Auslöser gilt die Anlage eines unterirdischen Erdgaslagers. Bisher entstanden keine Schäden, aber in der Bevölkerung macht sich Angst breit.
Veröffentlicht:04.10.2013, 15:07
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Mitten in der Nacht zittern plötzlich die Wände, die Fensterscheiben vibrieren, überall im Ort bellen die Hunde. „Wenn auf einmal die Möbel sich bewegen, bekommt man es mit der Angst zu tun“, berichtet Sonia Balanzà der Nachrichtenagentur Efe in der ostspanischen Kleinstadt Sant Carles de la Ràpita.

Die Spanierin lebt inmitten einer Gegend, die seit Tagen von einer Serie von Erdstößen heimgesucht wird. Dabei hatte es in dem Gebiet an der Mittelmeerküste zwischen den Städten Amposta und Castellón seit Jahrzehnten keine nennenswerten Beben gegeben, nun wurden in gut zwei Wochen weit über 300 Erschütterungen registriert, zwei davon erreichten eine Stärke von 4,1 und 4,2.

Experten haben keinen Zweifel daran, dass die Beben von einem unterirdischen Erdgaslager ausgelöst wurden, das gut 20 Kilometer vor der Küste angelegt wird. Die Erdstöße setzten ein, als die Betreiberfirma Escal UGS Anfang September damit begann, Erdgas in ein früheres Erdölreservoir zu pumpen, das jetzt als Gaslager dienen soll. „Früher hatte es hier nie gebebt, jetzt haben wir alle paar Minuten ein Erdbeben“, beklagte sich der Bürgermeister des Touristenorts Peñíscola, Andrés Martínez. Die spanische Regierung ordnete an, das Einleiten von Erdgas vorerst zu stoppen.

Gaslager soll das Land unabhängiger machen

Bei dem 1,2 Milliarden Euro teuren Projekt wird Erdgas von einer Plattform im Mittelmeer mit hohem Druck in die ehemalige Öllagerstätte gepumpt. Das Gas verdrängt das Wasser, das an den Ort des vor Jahrzehnten geförderten Erdöls nachgeflossen war. Das Gaslager, eines der größten des Landes, soll Spanien, das fast seinen gesamten Bedarf importieren muss, von den Schwankungen des Weltmarkts unabhängiger machen.

Beim Einpumpen des Erdgases hielt das Gestein, das die Lagerstätte umschließt, anscheinend dem Druck nicht stand und brach weg oder verrutschte. Vor der Genehmigung des Projekts hatte man alle möglichen Risiken untersucht. In einem Gutachten wurde sogar festgestellt, dass das Rauschen in den Gasleitungen das Gehör von Schildkröten und Fischen nicht beeinträchtigen werde. Nur eines hatte man, wie Umweltminister Miguel Arias Cañete nun einräumte, unterlassen: Die seismologischen Risiken des Vorhabens wurden nicht geprüft.

Unter den Bewohnern des Küstengebiets herrscht Angst. Niemand kann sagen, ob die Erdstöße bald abflauen oder gar ein größeres Ereignis droht. Industrieminister Soria versprach: „Das Erdgaslager wird erst in Betrieb gehen, wenn die Sicherheit der Bevölkerung vollständig garantiert ist.“ Die Frage, ob in Erwägung gezogen werde, das Projekt einzustellen, beantwortete er nicht.