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Vorwürfen der Umweltbehörde gegen VW

Ist der Qualitätsbegriff "made in Germany" in Gefahr?

Wolfsburg / Lesedauer: 3 min

Der Skandal um frisierte Abgaswerte beim Autoriesen VW weitet sich aus. Die US-Justiz soll ermitteln, der Kongress beraumt eine Anhörung an. US-Chef Michael Horn entschuldigt sich öffentlich - und die Sorge nimmt zu, dass der Flurschaden auch Arbeitsplätze kosten könnte.
Veröffentlicht:22.09.2015, 11:44
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Die Affäre um manipulierte Abgastests bei VW-Dieselwagen in den USA schlägt immer höhere Wellen. Die Talfahrt der Volkswagen-Aktie setzte sich auch am Dienstag unvermindert fort. Bis zum späten Vormittag sackte die Vorzugsaktie der Wolfsburger an der Börse in Frankfurt um weitere knapp 6 Prozent ab.

Am Montag hatte der Aktienkurs von Europas größtem Autobauer bereits 18,6 Prozent eingebüßt - ein Börsenwert-Verlust von etwa 14 Milliarden Euro für den Konzern. Laut US-Medien sind nun auch strafrechtliche Folgen möglich. Und der Imageverlust nährt inzwischen auch Sorgen vor möglichen Konsequenzen für die Arbeitsplätze.

Das US-Justizministerium ermittle, ob VW kriminelle Machenschaften vorzuwerfen seien, berichtete die Nachrichtenagentur Bloomberg unter Berufung auf zwei mit der Untersuchung vertraute Personen. VW selbst war zunächst nicht für eine Reaktion zu erreichen. In Kriminalfällen können US-Ermittlungen Monate oder Jahre andauern, ergebnislos enden, aber auch zu heftigen Strafen führen. Das Justizministerium in Washington wollte sich gegenüber Bloomberg nicht zu dem Fall äußern.

Anhörung zu den Vorwürfen der Umweltbehörde EPA geplant

Mit dem Skandal wird sich auch ein Ausschuss des US-Kongresses befassen. Das kündigten die beiden US-Politiker Fred Upton (Energie- und Handelsausschuss des Repräsentantenhauses) und Tim Murphy (Untersuchungs-Unterausschuss) an. In den kommenden Wochen wird demnach eine Anhörung zu Vorwürfen der Umweltbehörde EPA angesetzt.

"Das amerikanische Volk verdient Antworten und Zusicherungen, dass dies nicht wieder passiert", heißt es in der Erklärung der beiden US-Kongressmitglieder. Am Vortag hatte Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) eine Anweisung ans Kraftfahrt-Bundesamt angekündigt, bei VW-Dieselmodellen jetzt strenge spezifische Nachprüfungen durch unabhängige Gutachter zu veranlassen.

Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) warnte vor einer Beschädigung des Qualitätsbegriffs "made in Germany". DIW-Präsident Marcel Fratzscher sagte der "Bild"-Zeitung (Dienstag), darüber hinaus könnten "auch andere deutsche Exporteure Schaden nehmen, denn VW war bisher ein Aushängeschild für Produkte ´Made in Germany`".

Politiker fordern schnelle Aufklärung

Es müsse nun dringend "um Schadensbegrenzung für VW und für deutsche Exporteure allgemein gehen". Ähnliche Sorgen hatte am Montag auch Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel geäußert, am Dienstag forderte auch Außenminister Frank-Walter Steinmeier (beide SPD) eine schnelle Aufklärung im VW-Skandal.

Michael Horn, VWs Amerika-Chef, gab bei der Präsentation eines neuen Passat-Modells am Montagabend (Ortszeit) in New York einen schweren Fehler des Unternehmens zu und meinte: "Wir waren unehrlich zur Umweltbehörde EPA, wir waren unehrlich zu den Behörden in Kalifornien und, am schlimmsten von allem, wir waren unehrlich zu unseren Kunden. Um es auf gut Deutsch zu sagen: Wir haben Mist gebaut."

Neben einem Imageverlust drohen Volkswagen Strafzahlungen von bis zu 18 Milliarden Dollar, Rückrufkosten, strafrechtliche Folgen sowie mögliche Regressansprüche von enttäuschten Kunden und Aktionären.

Die EPA wirft VW Manipulation von Schadstoffmessungen bei Dieselautos vor. Die Wolfsburger haben Fehlverhalten eingeräumt und versprochen, mit der Behörde zu kooperieren. Der Konzern stoppte den Verkauf der betreffenden Modelle in den USA. Vorstandschef Martin Winterkorn hat eine externe Untersuchung und eine rasche Aufklärung zugesagt.

Am Mittwoch will sich der innerste Zirkel des Aufsichtsrats bei einem Krisentreffen mit dem Thema beschäftigten, verlautete aus VW-Kreisen. Zwei Tage später steht bei der VW-Aufsichtsratssitzung Winterkorns bereits angekündigte Vertragsverlängerung an.