StartseitePanoramaWie ein Zaun voller BHs zu einem Wahrzeichen wurde

Sie lieben und sie hassen ihn

Wie ein Zaun voller BHs zu einem Wahrzeichen wurde

Wellington / Lesedauer: 3 min

Die Neuseeländer nennen sich selbst Kiwis. Humor haben sie also. Gar nicht witzig finden einige die Idee des Zaunes im Süden des Landes. Angeblich soll die Unterwäsche Autofahrer ablenken. Aber dabei trägt sie doch niemand.
Veröffentlicht:05.03.2014, 16:20
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Es ist wieder Ruhe eingekehrt in Cardrona. Seit die kleine neuseeländische Gemeinde Überwachungskameras an ihrem Wahrzeichen installiert hat, kann zumindest Sam Lee nachts wieder besser schlafen. Lee hatte weniger um sich selbst gefürchtet als um den Zaun, den er um sein Land gezogen hat. Genauer gesagt: Er fürchtete um all die Büstenhalter, die ihn seit Jahren schmücken und dem Ort auf der Südinsel Neuseelands zu internationaler Bekanntheit verholfen haben.

Diebe hatten sich zuletzt einen Spaß daraus gemacht, nachts BHs von dem Zaun zu stehlen. Doch die Kameras scheinen dem Spuk ein Ende gemacht zu haben. „Das war wie ein Schlag ins Gesicht für uns“, empört sich Lee noch heute über das respektlose Treiben der Unbekannten. Selbst ein Fernsehsender berichtete kurz vor Weihnachten unter dem Titel „Wer ist der BH-Dieb von Cardrona“ über die Vorgänge.

Bis heute sei nicht geklärt, wer die Diebe seien, sagt Carla Munro, die ebenfalls in Cardrona lebt. Es gebe zwar Gerüchte, entlarvt wurden die Täter aber nicht. „Das ist eines dieser Dinge, die irgendwann Legende werden – die Geschichte vom BH-Dieb.“ Munro kommt jeden Tag an dem Zaun vorbei und berichtet von zahllosen Touristen, die Fotos schießen. Einige bereichern den Zaun auch mit eigenen Büstenhaltern. „Die Leute hängen nicht nur abgetragenes Zeug hier hin, das sie loswerden wollen, es gibt einige richtig schöne BHs dort“, sagt Munro. Nicht wenige der Wäschestücke stammen übrigens auch von deutschen Frauen.

Es begann alles nach einer Silvesterparty

Allerdings hat nicht jeder in Cardrona Freude an der im Wind flatternden Wäsche. Die Gemeinde, die aus nicht einmal zwei Dutzend Haushalten besteht, ist gespalten. Während die einen den BH-Zaun lieben, ist er bei den anderen verhasst. So kritisieren die Gegner, der Zaun sei anstößig und stelle eine Verkehrsgefährdung dar. Im Jahr 2006 kam das vorübergehende Aus für die eigenwillige Installation. Zuvor hatte es Beschwerden gegeben, das Ganze lenke die Autofahrer ab. Doch Sam Lee gab nicht auf und erweckte das Kuriosum vor knapp einem Jahr wieder zum Leben. Er legte eine eigene Facebook-Seite an und hängte vier BHs seiner Freundin auf. Andere taten es ihm nach.

Begonnen haben soll alles bereits im Jahr 2000, als vier Frauen von einer Silvesterparty kamen und sich auf dem Heimweg entschlossen, ihre Büstenhalter an eben jenen Zaun zu hängen. Lee war das nur Recht. Sein Zaun spiegele eine unbeschwerte Einstellung zum Leben wider. „Wir sind Kiwis. Wir lachen gerne über uns selbst und der BH-Zaun ist die Versinnbildlichung dessen, was es heißt ein Kiwi zu sein.“