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Wie ein Neustart gelingt

Am Boden? Rückschläge im Job wegstecken

Berlin / Lesedauer: 6 min

Es läuft nicht, wie es soll, und auf einmal stehen Beschäftigte da: degradiert oder sogar gekündigt. Im Beruf zu scheitern, wirft viele aus der Bahn. Mancher berappelt sich lange Zeit nicht – andere stehen ein paar Monate später wieder auf. Wie klappt das?
Veröffentlicht:04.09.2014, 17:23
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Eine Beförderung wird rückgängig gemacht, ein wichtiges Projekt stirbt, und im schlimmsten Fall flattert sogar die Kündigung ins Haus: Im Beruf zu scheitern, tut weh. Für fast jeden ist der Arbeitsplatz die Existenzgrundlage, für manchen auch die Lebensaufgabe. Gerade jene, die ihren Job besonders lieben, stürzen bei einem Misserfolg oft in eine schwere persönliche Krise. Wie kommen sie da wieder heraus?

Der Sportler Sven Hannawald, der Manager Ron Sommer oder die Politikerin Andrea Ypsilanti: Sie haben in unterschiedlichen Bereichen außergewöhnliche Karrieren gemacht – und sind an irgendeinem Punkt gescheitert. Davon erzählt das Buch „Macht – Geschichten von Erfolg und Scheitern“ von Katja Kraus. Die Autorin hat beides selbst erlebt: Die ehemalige Fußballnationalspielerin war jahrelang die einzige Frau im Vorstand eines Fußball-Bundesligisten. Dann kam das Aus. Wann scheitert jemand? Wie gestaltet derjenige das Leben danach? Auf solche Fragen sucht sie in dem Buch eine Antwort.

Auch wenn die wenigsten das Talent und den Ehrgeiz haben, so außergewöhnliche Karrieren zu machen, wie die in dem Buch beschriebenen Personen: Das Thema Scheitern kennen viele. So mancher tröstet jemanden im Freundeskreis, der im Beruf einen schlimmen Misserfolg erlebt hat. Einige haben selbst im Job den Karren vor die Wand gefahren.

Zwar geschieht dieses Scheitern nicht im Rampenlicht der Öffentlichkeit – für die Betroffenen ist die Situation häufig aber genauso existenziell. Das gilt besonders dann, wenn sie die Sorge haben, nie wieder ein ähnliches Projekt, eine vergleichbare Position oder einen genauso interessanten Arbeitgeber zu finden. Um diese Krise zu meistern, müssen Berufstätige sich Schritt für Schritt aus dem Tal der Tränen herausarbeiten. Auch Freunde und Familie sind gefragt.

Nach dem Schock
kommen Trauer und Wut

„Wer so einen beruflichen Misserfolg erlebt, macht gefühlsmäßig häufig die gleichen Phasen durch wie nach dem Tod einer einem nahestehenden Person“, erklärt Monika Gruhl, Coach in Damme in Niedersachsen. In einem ersten Schritt leugneten die Betroffenen meist den Misserfolg. Typisch seien Gedanken wie „Das kann gar nicht sein“ oder „Das ist bestimmt ein Irrtum“. Nach und nach lösten dann Schmerz, Trauer und Wut den Schockzustand ab. Die Wut kann sich zum Beispiel gegen Menschen richten, die den Misserfolg verursacht haben, oder gegen sich selbst.

In dieser ersten Phase ist Schonung hilfreicher als Aktion: Betroffene sollte sich an einen ruhigen Ort zurückziehen und ihre Wunden lecken, rät Gruhl. In dem Schockzustand sollte niemand eine weitreichende Entscheidung fällen, wie es nun weitergeht. Stattdessen sei es erst einmal wichtig, die aufkommenden Gefühle zuzulassen. Wo dieser private Rückzugsort ist, sei je nach Person unterschiedlich. Der eine fährt in einen Ferienort, der nächste zu seinen Eltern, der dritte fühlt sich in den eigenen vier Wänden gut aufgehoben.

Um die oft enorme körperliche Anspannung abzubauen, sei es wichtig, Sport zu treiben, rät Georg Pieper, Experte für Trauma- und Stressbewältigung. Statt den Kummer in Alkohol zu ertränken, steigen Arbeitnehmer besser auf das Fahrrad, gehen laufen oder schwimmen.

Überwältigt Beschäftigte dennoch die Situation, kann es helfen, sich in Gedanken von ihr zu entfernen. So können sich Betroffene etwa sagen „Ich bin nicht das Zentrum der Welt“ oder „Das ist eine Sache unter ganz vielen, die mir auf meinem langen Lebensweg passiert“. Das helfe, um Abstand zu bekommen, erläutert Pieper.

Freunde und Familie sind in dieser Zeit in erster Linie als Zuhörer gefragt, erklärt Doris Märtin, Ratgeberautorin zum Thema. Gut gemeinte Ratschläge wie „Wer weiß, wozu es gut ist“ oder „Geht eine Tür zu, geht irgendwo eine andere auf“ sollten sie sich sparen. Für die Betroffenen seien solche Äußerungen wie eine kalte Dusche. „Sie bagatellisieren das Erlebte und zeigen wenig Wertschätzung vor dem Erleben des Anderen.“ Auch Vorwürfe sind fehl am Platz.

Stattdessen ist es häufig besser, gemeinsam Alternativen auszuloten – und zu fragen, welche Hilfe derjenige sich wünscht. Das können ganz pragmatische Sachen sein, wie im Supermarkt einkaufen zu gehen.

Ist der Gescheiterte sehr wütend, haben Freunde und Familie noch eine andere Aufgabe. „Die Gefahr ist nun, dass Beschäftigte unüberlegte, impulsive Entscheidungen treffen“, warnt Gruhl. Zum Beispiel verzichten sie aus Stolz bei einer Kündigung auf eine Abfindung. Andere treten vielleicht eher nach und streuen Gerüchte über die Gegner in der Firma. Passiert so etwas, lässt sich das später kaum ändern, sagt Gruhl. Wichtig ist deshalb, den Betroffenen immer wieder zu beruhigen. Oft reicht schon ein Satz wie: „Bevor du das wirklich machst, lass uns noch einmal einen Spaziergang machen.“

Nach der Schockphase können Gescheiterte sich dann langsam Schritt für Schritt von dem Misserfolg befreien. „Niemand sollte sich den Druck machen, sofort wieder einen ähnlich guten Job zu finden“, sagt Gruhl. Statt prompt die perfekte Lösung finden zu wollen, sei es oft besser, erst einmal das nächste halbe Jahr oder sogar nur die nächste Woche und den nächsten Tag zu planen.

Experten empfehlen
eine längere Auszeit

Viele liefen auch Gefahr, in Aktionismus zu verfallen und völlig unrealistische, neue Pläne zu schmieden. Besser ist es, sich damit Zeit zu lassen und wenn es die finanzielle Situation erlaubt, eine längere Auszeit zu nehmen, erklärt Pieper. Lieber in Ruhe die Ursachen für den Rückschlag analysieren – und daraus Rückschlüsse ziehen.

Auch in den Monaten nach dem Misserfolg werden viele immer wieder Rückfälle haben. Um ihren Verlust zu trauern, ist natürlich ganz in Ordnung. Doch dann gilt es, den Blick auf neue Möglichkeiten zu richten: Ob aus dem Misserfolg ein dauerhaftes Scheitern wird, haben Berufstätige selbst in der Hand. Vielen helfe die Einstellung: „Die Karten sind jetzt neu gemischt. Ich hätte es mir so nicht gewünscht, aber nun ist es so. Das eröffnet mir auch die Chance, ganz neu zu denken. Was mache ich nun aus der Situation?“, sagt Gruhl.

Der Rückschlag wird zwar immer Teil der eigenen Biografie bleiben. Doch im besten Fall können Betroffene dem Scheitern mit ein wenig Abstand etwas Positives abgewinnen. Das kann zum Beispiel sein, dass sie sich nun selbst besser kennen. Und häufig gewinnen sie Gelassenheit, weil sie eine Krise gemeistert haben.