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Fischwirte trotzen Wellen, Wind und Wetter

Winsen / Lesedauer: 4 min

Für Langschläfer ist der Job definitiv nichts: Der Arbeitstag auf dem Wasser kann auch mal morgens um 2 Uhr beginnen. Dann geht es raus zum Fang – und zwar unabhängig davon, ob es stürmt oder schneit.
Veröffentlicht:29.10.2014, 14:48
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Immer eine frische Brise um die Nase. Für Per Grube ist das Alltag. Der 22-Jährige aus dem niedersächsischen Winsen kommt aus einer Fischer-Familie. Schon als kleiner Junge ist er mit seinem Vater raus auf die Elbe gefahren. „Ich fand es als Kind spannender, draußen zu sein und Aale zu fangen, als zu Hause an der Playstation zu sitzen“, erzählt er. An seiner Verbundenheit zur Fischerei änderte sich über die Jahre nichts. So war es naheliegend, dass er eines Tages eine dreijährige Ausbildung zum Fischwirt absolviert.

Der Arbeitstag beginnt für Fischwirte oft, wenn es schon dunkel wird oder noch dunkel ist. Dann geht es aufs Wasser. „In manchen Sparten der Kutterfischerei fängt man nachts mehr als am Tag“, erklärt Peter Breckling vom Deutschen Fischerei-Verband in Hamburg. Tagsüber können Fische die Netze sehen und einen Bogen drum herum machen. Dann lohnt sich für Fischer eine Ausfahrt auf dem Kutter nicht. Also werden sie nachts aktiv – egal, ob es stürmt oder schneit. „Für Wetterempfindliche ist der Beruf nichts, man ist mehr oder weniger den ganzen Tag draußen“, erzählt Fischwirt Grube.

Unter freiem Himmel auf hoher See oder auf dem Fluss: Gearbeitet wird auf dem Kutter, der ständig schwankt. Auch an Wochenenden und Feiertagen. „Auf See sind Fischwirte im Durchschnitt 150 bis 200 Tage im Jahr“, erläutert Breckling vom Fischerei-Verband. Dann müssen sie auf beengtem Raum arbeiten, schlafen – und miteinander auskommen. „Teamfähigkeit ist daher eine unabdingbare Voraussetzung für den Beruf“, sagt Martin Lambers vom Deutschen Bauernverband in Berlin – auch Fischwirt ist ein landwirtschaftlicher Beruf.

Wer nicht ständig auf dem Kutter unterwegs sein möchte, muss den Berufswunsch Fischwirt nicht gleich aufgeben: Die Ausbildung ist nicht nur im Bereich „Küstenfischerei und Kleine Hochseefischerei“ möglich, sondern auch in der Binnenfischerei. Zu ihr gehören die „Seen- und Flussfischerei“ sowie die „Teichfischerei“. In Betrieben mit Aquakulturanlagen sind die Fachkräfte hauptsächlich damit beschäftigt, Fische zu halten und zu züchten. Außerdem verarbeiten und vermarkten sie etwa Kabeljau, Lachse und Seezungen.

Nur geringer Anteil von Frauen unter den Azubis

Auszubildende lernen im Betrieb und in der Berufsschule. Bewerber sollten einen Hauptschulabschluss haben, sagt Markus Bretschneider vom Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) in Bonn. Derzeit gibt es nach Angaben des Deutschen Bauernverbandes bundesweit rund 240 Fischwirt-Azubis. Der Beruf ist eine Männerdomäne. „Der Frauenanteil bei den Azubis liegt aktuell bei etwa drei Prozent“, erklärt Lambers. „Die körperlich anstrengende Arbeit und der oft raue Umgangston sind nicht jedermanns Sache“, fügt Fischwirt Per Grube hinzu.

Wer sich für den Beruf entscheidet, muss neben Naturverbundenheit auch technisches und betriebswirtschaftliches Verständnis mitbringen. „Genau diese Mischung macht die Tätigkeit so abwechslungsreich“, ist sich Lambers sicher. In der Berufsschule lernen angehende Fischwirte, die Tiere im Fluss, Teich und Meer zu bestimmen. In Theorie und Praxis setzen sie sich mit Fangmethoden mit Geräten wie Reusen, Netzen oder Angeln auseinander. Nach dem Fang fallen weitere Aufgaben an – etwa das Zerlegen, Konservieren und Vermarkten. Wie das geht, lernen Azubis.

Voraussichtlich zum 1. August 2015 wird die Ausbildung modernisiert. Die bisherigen drei Schwerpunkte sollen durch die zwei Fachrichtungen „Aquakultur und Binnenfischerei“ sowie „Küstenfischerei und kleine Hochseefischerei“ ersetzt werden. Die derzeitige Ausbildungsordnung ist veraltet, erklärt Lambers. Bei der Reform würden neue Standards etwa bei Verbraucherschutz, Umweltschutz und Hygiene berücksichtigt.

Die Vergütung in der Ausbildung richtet sich in aller Regel nach Tarifverträgen. „In der Fluss- und Meeresfischerei wird häufig auf Basis von Fanganteilen bezahlt“, erläutert Breckling vom Fischerei-Verband. Je mehr die Besatzung eines Kutters fängt, desto höher fällt der Verdienst aus.

Wer als fertige Fachkraft Karriere machen möchte, kann Fischwirtschaftsmeister werden. Auch eine Weiterbildung zum Kapitän ist möglich. Fischwirte mit Abitur können zur Uni gehen und beispielsweise Gewässerbewirtschaftung studieren. Per Grube macht sich derzeit noch keine Gedanken über seine Karrierepläne. Stattdessen freut er sich immer aufs Neue, raus auf die Elbe zu fahren: „Es gibt keinen schöneren Job, als den ganzen Arbeitstag draußen zu sein und Fische zu fangen.“