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Drei Tiere in einer Woche

Mehrere Wölfe in Brandenburg überfahren

Jänschwalde / Lesedauer: 3 min

Nicht nur Rehe, sondern auch Wölfe: In Südbrandenburg kommt es zurzeit gehäuft zu Verkehrsunfällen, bei denen Tiere angefahren werden. Woran liegt das?
Veröffentlicht:06.12.2016, 08:19
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Kommt es auf den Straßen zu Verkehrsunfällen mit Rehen oder Wildschweinen in der zweiten Jahreshälfte, ist man daran gewöhnt. In Südbrandenburg geraten zurzeit aber vermehrt Wölfe unter Autos. Allein innerhalb einer Woche starben auf diese Weise drei Tiere.

Der jüngste Fall ereignete sich laut brandenburgischem Landesamt für Umwelt am Freitag: Eine Wölfin wollte gerade mit einem erbeuteten Reh eine Bundesstraße bei Jänschwalde an der Grenze zu Polen überqueren, als ein Auto das Tier anfuhr. Einen Tag zuvor stieß ein Wagen mit einer Wölfin auf einer Landstraße bei Eichow zusammen. Und am Montag vor einer Woche hatte ein Auto einen männlichen Wolf auf einer Straße bei Crinitz erfasst, das Tier starb. Hinzu kommt, dass am vergangenen Dienstag ein Jagdpächter auf einem abgeernteten Acker bei Sergen auf einen Wolfskadaver stieß. Hier ist die Todesursache noch nicht geklärt.

Eine Erklärung für die Unfälle

Die Tiere kamen für weitere Untersuchungen an das Berliner Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung. Pathologin Claudia Szentiks seziert die Tierkadaver. Sie erklärt sich die Häufung der Unfälle in Südbrandenburg so: „In den Wintermonaten gehen viele halbwüchsige Wölfe auf Wanderschaft und suchen sich ein neues Revier.” Dadurch sei die Wahrscheinlichkeit höher, dass sie in Gebieten, in denen sie sich nicht auskennen, überfahren werden. Jungwölfe seien mit zunehmendem Alter auch neugieriger und streiften ab Herbst häufiger ohne Eltern im Revier umher, um Erfahrungen zu sammeln.

Das Landesamt für Umwelt in Potsdam teilt zu den drei Verkehrsunfällen mit Wölfen mit: „Die dichte zeitliche und räumliche Häufung im Süden Brandenburgs ist sicherlich zufällig.” Dennoch komme die jahreszeitliche Häufung nicht unerwartet. Jungtiere werden demnach im Winter selbstständiger und erkundeten das elterliche Revier allein. Unter den verunglückten Wölfen in Brandenburg seien mehr Jung- als Alttiere.

Wolfspopulation hat deutlich zugenommen

Die Behörde führt noch etwas anderes an: Im Wolfsjahr 2015/16 habe es in Brandenburg mit 52 nachgewiesenen Welpen die bislang höchste Reproduktionszahl gegeben. Die Folge: Mit einer zunehmenden Zahl von Wölfen sei zugleich mit einer größeren Anzahl von Verkehrsopfern zu rechnen.

Die Zahl stieg dieses Jahr in Brandenburg kräftig an: Das Landesamt listet bislang 15 Wölfe auf, die angefahren wurden und dadurch starben. Zum Vergleich: 2015 waren es demnach nur acht und 2014 sieben.

Der Wolf steht in Deutschland unter Artenschutz. In der Lausitz in Brandenburg und Sachsen gibt es vergleichsweise große Vorkommen. Anfang des 20. Jahrhunderts war der Wolf in Deutschland ausgerottet. Das Landesamt für Umwelt listet allein in Brandenburg 26 Gebiete auf, in denen Wölfe vorkommen. Teilweise sind sie grenzüberschreitend.

Nur ein Brandenburger Phänomen?

Das derzeitige Phänomen in Südbrandenburg mit den Wolf-Verkehrsunfällen ist andernorts in Ostdeutschland laut Experten nicht zu beobachten. In Sachsen kam es in den vergangenen Tagen nicht vermehrt dazu, wie das Kontaktbüro Wolfsregion Lausitz in Rietschen mitteilt. Es habe im Oktober und November insgesamt zwei Vorfälle gegeben.

In Sachsen-Anhalt, wo der Wolf laut Landesreferenzstelle für Wolfsschutz seit 2009 wieder gesichtet wird, ist die jährliche Zahl der Verkehrsunfälle mit Wölfen überschaubar: Am Montag sei ein Wolfskadaver auf einer Bundesstraße bei Colbitz im Landkreis Börde geborgen worden. Damit sei das der zweite Fall seit Jahresanfang. Eine Häufung beobachtet die Stelle derzeit nicht.

Laut Nabu Thüringen gab es in diesem Bundesland seit Januar einen Verkehrsunfall mit einem getöteten Jungwolf. Er war demnach auf der Suche nach einem neuen Revier gewesen und kam aus Sachsen-Anhalt. Bislang gebe es in Thüringen nur einen nachgewiesenen Wolf, der ursprünglich aus der Lausitz gekommen sei.