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Interview mit Dietmar Woidke

Ministerpräsident hält trotz Widerstand an Kreisreform fest

Potsdam / Lesedauer: 4 min

Seit das Leitbild der Landesregierung bekannt ist, gibt es in ganz Brandenburg Kritik an der Verwaltungsstrukturreform. Doch wie nimmt Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) diese Debatten war?
Veröffentlicht:22.06.2016, 05:00

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Steht die Mehrheit für die Kreisgebietsreform?

Die Koalition wird eine eigene Mehrheit haben. Wir haben uns im Koalitionsvertrag zu diesem Projekt bekannt und diese Reform ist dringend notwendig. Denn wir dürfen uns nicht zufrieden zurücklehnen. Die zukünftige Entwicklung Brandenburgs ist viel zu wichtig, als dass wir dieses Projekt verschieben oder aussitzen dürften.

Es gibt Landtagsabgeordnete, die in Kreistagen für den Erhalt der Landkreise und gegen die Reform gestimmt haben. Wie sollen sie im Landtag plötzlich dafür stimmen?

Alle Abgeordneten wollen, dass ihre Region gestärkt wird. Es geht also nicht nur darum, wie Verwaltungen organisiert sind, sondern dass für die einzelne Region und unser Land insgesamt etwas Vernünftiges erreicht wird. Wir werden die Regionen nachhaltig und für die kommenden Jahrzehnte stärken.

Am Wochenende haben die Abgeordneten René Wilke, Anke Schwarzenberg und Matthias Loehr (Linke) einen Vorschlag zur Besserstellung der kreisfreien Städte vorgelegt. Kann es sein, dass eine Stadt wie Cottbus nach der Kreisreform genau so viel Geld bekommt, wie vorher?

Das ist eine Diskussion, die die Abgeordneten führen müssen: Wer kriegt künftig wie viel Geld? Wenn der eine mehr Geld kriegt, dann bekommt ein anderer weniger Geld. Das ist nach dem Finanzausgleichsgesetz nun einmal so. Wir sind gut beraten, die Diskussion ehrlich und offen zu führen, und nicht nur auf einzelne Städte zu gucken, sondern auf das gesamte Land. Wir müssen dabei auch sichern, dass die drei Oberzentren in Zukunft ihre Aufgaben besser erfüllen können als bisher.

Halten Sie denn eine Lösung für denkbar, bei der eine kreisfreie Stadt nach der Reform als kreisangehöriges
Oberzentrum genau so viel Geld bekommt, wie vorher?

Die Frage der Mittelverteilung über die sogenannte Hauptansatzstaffel ist ja nichts Neues. Um sie zu berechnen, gibt es regelmäßig ein sogenanntes „Symmetriegutachten“, das nächste Mal im Jahr 2017, auf dessen Basis dann entschieden wird, wie diese Gelder im kommunalen Bereich verteilt werden. Dass einzelne Abgeordnete nun sagen „Ich hätte gerne mehr Geld für meine Stadt“ ist durchaus nachzuvollziehen. Aber auch hier muss man das ganze Land sehen. Wir sollten das Gutachten abwarten. Aber natürlich muss die Mittelverteilung so gestaltet sein, dass dauerhaft Aufgabenerfüllung und Leistungsfähigkeit in Übereinstimmung kommen.

Aber Sie brauchen ja die Stimmen der Abgeordneten aus den kreisfreien Städten.

Wir brauchen jeden einzelnen Abgeordneten, und nicht nur drei oder vier. Uns ist es wichtig, die Oberzentren zu stärken – auf welche Art und Weise das geschieht, das ist eine Diskussion, die gerade läuft. Aber ich bin fest überzeugt, dass wir hier zu einer guten Lösung kommen, weil das Land bereit ist, deutlich mehr Geld für diese Reform in die Hand zu nehmen, als jedes andere Bundesland
zuvor.

In Flächenlandkreisen, die schon groß sind, wie etwa der Uckermark, gibt es einen großen Widerstand gegen die Reform. Ist das Zusammengehen da weiter nötig?

Ich habe in der Uckermark wahrgenommen, dass es mit dem Landkreis Barnim schon seit vielen Jahrzehnten eine enge Zusammenarbeit gibt. Für die Menschen ist entscheidend, dass Dinge, die Menschen im täglichen Leben brauchen, da sind – dass es einen vernünftigen Personennahverkehr gibt, dass sich die Wirtschaft entwickelt und es eine effiziente bürgernahe Verwaltungsstruktur gibt.

Wenn Sie heute auf den Anfang der Reform zurückblicken: Was würden Sie heute anders machen?

Dass wir zwei Jahre diskutiert haben, war gut. Dass sich da nicht alle Widerstände in Wohlwollen verwandelt haben, ist eine andere Sache. Was ich ein bisschen bedauere, ist, dass sich die CDU aus der Reformdiskussion verabschiedet hat, und es dort „Einigkeit im Stillstand“ gibt. Die CDU hatte die Schaffung der Enquete-Kommission im Landtag mit angeregt, aber beim kleinsten Widerstand den Kugelschreiber fallen lassen. Das zeigt keinen großen Gestaltungswillen für das, was unser Land braucht.

Halten Sie die Brandenburger CDU derzeit für regierungsfähig?

Ich glaube, dieses Land braucht Politik mit Weitsicht und Mut. Ich kann beides – bezogen auf die Verwaltungsstrukturreform – bei der CDU im Moment nicht erkennen. „Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass“, reicht nicht aus, um dieses Land zu regieren.