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Forderung der Grünen

Stasi-Doktorarbeiten sollen überprüft werden

Potsdam / Lesedauer: 2 min

Verhören, Zersetzen, Bespitzeln – solche Themen standen in der früheren Stasi-Hochschule auf der Tagesordnung. Die Einrichtung gibt es nicht mehr. Doch die dort erworbenen Titel haben immer noch Bestand.
Veröffentlicht:15.11.2013, 21:15
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Mehr als 400 Doktorarbeiten früherer Stasi-Funktionäre sollen nach dem Willen der brandenburgischen Grünen-Fraktion auf den Prüfstand. Die juristischen Dissertationen an der ehemaligen Stasi-Hochschule in Potsdam-Golm genügten „in keinster Weise“ den wissenschaftlichen und moralischen Ansprüchen, sagte Grünen-Fraktionschef Axel Vogel. Im Prinzip müssten die Titel aberkannt werden. Die Fraktion habe sich an die Bundesbehörde für die Stasi-Unterlagen gewandt.

Die Juristische Hochschule in Golm war laut Behörde die „Kaderschmiede“ des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) und dessen zentrale Bildungs- und Forschungsstätte. Die meisten Doktoranden waren Offiziere des MfS oder andere lang gediente Mitarbeiter. Promoviert wurden an der Hochschule die Stellvertreter von Stasi-Chef Erich Mielke, Gerhard Neiber, Wolfgang Schwanitz sowie DDR-Devisenbeschaffer Alexander Schalck-Golodkowski. Dessen Thema lautete: „Zur Bekämpfung der imperialistischen Störtätigkeit auf dem Gebiet des Außenhandels“. Andere befassten sich mit „sozialistischer Menschenführung“ oder den besten Methoden beim Verhör von Dissidenten.

Mit Abi-Niveau zum Doktor-Titel

Die Grünen kritisieren auch, wie die Promotionen zustande kamen. So wurde ein Großteil in Teamarbeit erstellt. Zudem hätten einige Arbeiten nur wenige Seiten umfasst, sagte der Grünen-Fraktionschef. „Das entspricht vielleicht Abitur-Niveau, berechtigt aber nicht zum Tragen eines Doktortitels.“ Auch rund 24 Jahre nach dem Fall der Mauer tragen noch etliche der einstigen Stasi-Juristen den juristischen Doktortitel. „Eigentlich sollten sie alle freiwillig auf ihren Doktor verzichten“, sagte Vogel.

Die Stasi-Unterlagen-Behörde begrüße den Vorstoß der Grünen ausdrücklich, sagte Sprecherin Dagmar Hovestädt. Denkbar sei etwa eine Veröffentlichung der damals als geheim eingestuften Dissertationen. Gleichzeitig verwies Hovestädt auf den Einigungsvertrag von 1990. Danach dürfen Doktortitel nicht nachträglich aberkannt werden. Auch der Dachverband der SED-Opfer unterstützte die Forderung nach Überprüfung der Dissertationen. „Die Potsdamer Doktortitel wurden für Thesen und Ideen verliehen, welche die Menschenwürde verletzten und beleidigten“, sagte der Bundesvorsitzende der Union der Opferverbände kommunistischer Gewaltherrschaft, Rainer Wagner.