StartseiteRegionalBrandenburgWegen Altanschließer-Kosten drohen neue Klagen

Zweckverband kündigt Musterverfahren an

Wegen Altanschließer-Kosten drohen neue Klagen

Potsdam / Lesedauer: 2 min

In Brandenburg gilt noch ein Staatshaftungsrecht aus der DDR, das sich die Zweckverbände zunutze machen wollen. Es geht um einen Streitwert von mehr als 500 Millionen Euro.
Veröffentlicht:25.04.2017, 20:55

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Zum ersten Mal in der Geschichte des Landes Brandenburg könnte es vor dem Landgericht Potsdam zu einem Musterverfahren nach dem alten DDR-Staatshaftungsrecht kommen, das in Brandenburg im Unterschied zu anderen Bundesländern unverändert fortgilt. Anlass ist der jahrelange Streit um sogenannte Altanschließer – DDR-Häuslebauer, die nach der Wende zu Erschließungsbeiträgen für ihre Grundstücke herangezogen wurden. Im Herbst 2015 hatte das Bundesverfassungsgericht jedoch alle Beitragsbescheide, die vor dem Jahr 2000 erlassen wurden, wegen Verjährung für unwirksam erklärt. Damit haben alle Bürger, die Widerspruch gegen diese Bescheide eingereicht haben, einen Anspruch auf Rückzahlung dieser Beträge.

Die Abwasserzweckverbände wollen sich das Geld dafür vom Staat zurückholen. Der Märkische Abwasser- und Wasserzweckverband in Königs Wusterhausen etwa kündigte am Dienstag eine Klage deswegen an. Um Rechtssicherheit zu erreichen, strebe man eine Musterklage an, sagte Verbandschef Peter Sczepanski am Dienstag.

Innenministerium unterstützt den Vorstoß

Ein möglicher Streitwert würde 535 Millionen Euro – also alle jemals an den Verband gezahlten Beiträge – umfassen. Für ein Musterverfahren sprach sich am Dienstag auch der Sprecher des Potsdamer Innenministeriums, Ingo Decker, aus. Dem Ministerium seien bislang 26 Zweckverbände bekannt, die einen Anspruch auf Staatshaftung geltend machen wollten. „Die Idee mit einem Musterverfahren erscheint auch uns begrüßenswert“, sagte Decker. Das Ministerium werde sich an den Landeswasserverbandstag wenden und den Vorschlag machen, ein Verfahren zu bestimmen, das als „typischer Fall“ bestimmend für das weitere Vorgehen werde.

Zuvor hatte der Landtagsabgeordnete der Freien Wähler, Peter Vida, angesichts horrender drohender Gerichtsgebühren ebenfalls ein Musterverfahren gefordert. Denn sollten sich alle betroffenen Verbände durch alle Instanzen klagen, würden 75 Millionen Euro allein an Prozesskosten anfallen – die dann entweder der Landeskasse oder im Umlageverfahren den Wasserkunden zur Last fielen.