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Kommentar zur Bundestagswahl

SPD ins Abklingbecken, der Rest muss abrüsten

Neubrandenburg / Lesedauer: 2 min

Die Wahl-Lokale sind geschlossen. Die ersten Ergebnisse zur Bundestagswahl 2017 werden heiß diskutiert. Nordkurier-Chefredakteur Lutz Schumacher über Sieger und Verlierer.
Veröffentlicht:24.09.2017, 22:46

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Auch wenn es zunächst nicht so scheint: Das erstaunlichste Ergebnis des Wahlabends ist das Verhalten der SPD. Sie marschiert freiwillig in die Opposition. Die krachende Wahlniederlage hat den Sozialdemokraten offenbar endlich die Augen geöffnet. Es kann nicht so weitergehen, dass das Land fortwährend von einer Großen Koalition regiert wird. Respekt! Auch wenn die Einsicht sehr spät kommt und es offenbar erst dieses Machtwortes der Wähler bedurfte. Die SPD braucht jetzt eine längere Zeit im Abklingbecken, um sich ihrer Wurzeln zu besinnen.

So richtig diese Entscheidung ist, so schwierig wird es nun werden, eine stabile Regierung zu bilden. Nur die „Jamaika“-Koalition aus Union, FDP und Grünen hätte die notwendige Stimmenmehrheit. Doch die Haudegen von der CSU im Ehebett mit den linksalternativen Grünen – kann das wirklich gutgehen? Gut möglich, dass die Deutschen in naher Zukunft wieder an die Wahlurnen gerufen werden.

Die größten Verlierer sind Union und Kanzlerin Merkel. Sie wird wohl dennoch die neue Regierung anführen, weil sonst keine Mehrheit zustande kommt. CDU und CSU haben Hunderttausende Wähler an die AfD verloren, die neben der wieder auferstandenen FDP der eindeutige Wahlsieger ist. Wer Wahlkampf und Wahlprognosen aufmerksam verfolgte, konnte von dem zweistelligen Ergebnis nicht wirklich überrascht sein. Die Blauen wurden dann schon am Abend von den etablierten Parteien mit markigen Sprüchen und unverhohlenen Drohungen empfangen.

Richtig ist: Mit Ausländerfeindlichkeit und Lob für die angeblichen Heldentaten deutscher Soldaten in den Weltkriegen kommt Deutschland bestimmt nicht voran. Die AfD sollte sich von diesen Tendenzen schleunigst befreien und im künftigen Bundestag die Themen ansprechen, die offenbar größere Teile der Bevölkerung ernsthaft besorgen, wie etwa den rechtsstaatlichen Umgang mit Zuwanderung und Flüchtlingen. Und die Altparteien wären gut beraten, nicht nur auf tatsächliche oder vermeintliche Rechtsextreme einzudreschen, sondern auch diese Botschaft aus dem Wahlvolk ernst zu nehmen.