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Rechte Belästigung

Berliner beklagen sich über Nacht voller Angst

Sanzkow / Lesedauer: 3 min

Beschimpfungen als "Gesocks" und "Gesindel", dazu wummernder Rechts-Rock aus den Autoboxen - so erlebte eine Berliner Reisegruppe eine Urlaubsnacht an einem Wasserwanderrastplatz in Sanzkow und beklagte sich heftig darüber.
Veröffentlicht:22.08.2016, 12:49

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Detailreich beschreiben die Berliner in einem Brief ihre Angstnacht von Sanzkow. Sie beklagen ein „Versagen der Polizei“ und „die ausgebliebene Hilfeleistung des Betreibers des örtlichen Gasthauses“.

Für die Urlauber, sechs Erwachsene und ein fünfjähriges Kind, war der Wasserwanderrastplatz die letzte Station ihrer Paddeltour auf der Tollense. Gegen 23 Uhr „fuhr ein Auto mit laut aufgedrehter, aggressiver Musik über den Rastplatz direkt am Feuer vorbei und parkte keine zehn Meter entfernt“, heißt es in dem Brief. Zu den beiden Männern im Auto hätten sich zwei weitere gesellt, die schon eine Zeit lang auf der nahen Brücke standen. Einer aus der Gruppe sei schließlich zu ihnen gekommen, „stellte viele Fragen“ und „erzählte viel von sich“, etwa dass er mit Forderungen der AfD übereinstimme. Er habe Klamotten „der in rechten Kreisen beliebten Marke Thor Steinar“ getragen und einen der Urlauber nur „Lonsdale“ genannt, da dieser ein Shirt dieser Marke trug, „die sich gegen Rassismus positioniert“.

Das Gespräch, so viel wird klar, war den Urlaubern höchst unangenehm, genau wie die Musik aus dem Auto, die sie als Rechts-Rock beschreiben. Als der Mann zum Auto zurückgegangen war, hörten sie Gesprächsfetzen wie „kurz und klein schlagen“ und „Autonome, Gesocks, Gesindel“. Sie schreiben: „Offensichtlich sprachen sie über uns.“

Die Urlauber riefen bei der Polizei an, schilderten „eine politisch motivierte Bedrohung“. Ein Beamter habe gesagt, dass keine direkte physische Gewaltanwendung stattfinde. Dann riefen sie den Platzwart an. Er sprach mit der Männer-Gruppe, „die daraufhin, mittlerweile stark alkoholisiert und Drohgebärden zeigend, vom Platz fuhr“. Die Urlauber folgten außerdem seinem Vorschlag, das örtliche Gutshaus aufzusuchen. Doch „der Betreiber war nicht bereit, uns reinzulassen, da er um die Nachtruhe seiner Gäste fürchtete“, heißt es in dem Brief.

Platzwart Bodo Lichtwald sagt, er habe die Störenfriede gebeten zu gehen und dass die Urlauber „Angst hatten, obwohl sie weg waren“. Kim Rörbäk vom Gutshaus Sanzkow ist schlichtweg baff, als er von den dem Vorwurf hört: „Das ist heftig“, sagt er. Und auch: „Das finde ich gemein.“ Die Urlauber seien nachts um halb zwei gekommen. Alle Zimmer seien belegt gewesen. Er habe ihnen deshalb angeboten, im Wohnwagen im Garten zu schlafen. „Ich arbeite seit 20 Jahren im sozialen Bereich und bin der Letzte, der nicht hilft.“ Sein Angebot wird in dem Brief der Berliner allerdings nicht erwähnt.