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Giftstoffe

Bei Baby-Tee sollten Eltern zweimal hinschauen

Neubrandenburg / Lesedauer: 4 min

Insbesondere bei der Ernährung für ihre Sprösslinge wollen viele Eltern kein Risiko eingehen. Umso erschreckender sind neueste Stichproben, wonach teure Babytees aus Bio-Anbaugebieten Giftstoffe enthalten.
Veröffentlicht:20.02.2017, 14:34

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Bio soll viel besser sein als konventionell angebaute, das heißt gespritzte Produkte. Eine Stichprobe des ZDF-Verbrauchermagazins „Wiso“ stellt diese Regel aktuell auf den Kopf. In einer Stichprobe wurde herausgefunden, dass fast jeder dritte getestete Tee für Kinder und Säuglinge Giftstoffe, sogenannte Pyrrolizidinalkaloide, kurz PA, enthielt. Alle Tees warben mit dem Prädikat Bio auf der Verpackung versehen.

PA ist nicht in den Kräutern, die in die Teebeutel kommen sollen, enthalten. Der Giftstoff steckt im Unkraut, das versehentlich mitgeerntet wird. „Sicherlich ist ein Grund dafür, dass im konventionellen Anbau die Felder ‚sauberer‘ gehalten werden können durch den Einsatz hierfür zugelassener Herbizide“, erklärt Dr. Helmut Wiedenfeld vom Pharmazeutischen Institut der Universität Bonn. Der akademische Direktor beschäftigt sich seit Jahren mit den Pyrrolizidinalkaloiden. Unkrautbekämpfungsmittel auf Biofeldern sind zwar tabu. Dennoch weist Wiesenfeld auf Untersuchungen hin, die ebenfalls in konventionellen Kräutertees PA nachgewiesen haben.

PA kann krebserregend sein

Was können Eltern tun, um sicherzugehen, dass ihre Babys keine Giftstoffe in Kräutertees zu sich nehmen? Wiedenfeld sagt auf Nachfrage des Nordkurier: „Leider können Eltern da nichts tun.“ Es gäbe keine Gewähr dafür, dass bestimmte Kräutertees PA-frei seien. Denn die Produkte würden nicht auf Unbedenklichkeit untersucht, bevor sie in den Handel kämen. „Eine Regelung gibt es bislang nicht, obgleich ich dies unbedingt überlegenswert finde.“

Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) informiert, dass besonders bei Tieren, die Unkraut gefressen hatten, Vergiftungen bekannt seien; so traten bei Rindern gehäuft Leberzirrhosen auf. Auch bei Menschen seien Erkrankungsfälle durch PA, die in hohen Dosen aufgenommen wurden, in der wissenschaftlichen Fachliteratur beschrieben. In den meisten Fällen wurde die Leber angegriffen, aber die Stoffe können auch krebserregend sein und das Erbgut verändern.

Früchtetees sind eine Alternative

„Babys dürfen in keinem Fall PAs ausgesetzt sein!“, sagt Wiedenfeld vom Pharmazeutischen Institut der Universität Bonn. Die Gefahr einer Schädigung von Säuglingen, Klein- und ungeborenen Kindern sei um ein Vielfaches höher als bei Erwachsenen. „Daher hat der Gesetzgeber für Arzneimittel erlassen, dass in Schwangerschaft und Stillzeit keine PA-Belastung vorliegen darf!“ Für Nahrungs- oder Genussmittel, die PA enthalten, gibt es überraschenderweise keine Regelung.

Antje Degner vom Projekt Lebensmittel und Ernährung der Verbraucherzentrale Mecklenburg-Vorpommern erklärt, dass Säuglinge, die gestillt werden oder Säuglingsmilchnahrung bekommen, keine zusätzlichen Flüssigkeiten benötigen. „Sollte es sehr heiß sein und die Muttermilch nicht ausreichen, kann man dem Baby abgekochtes Wasser oder stilles Mineralwasser mit der Kennzeichnung ‚zur Zubereitung von Säuglingsnahrung geeignet‘ anbieten.“ Aus Sicht der Verbraucherzentrale ist es wünschenswert, wenn die Teehersteller auf die Werbung ‚Für Babys ab der 1. Woche‘ verzichteten. Falls Eltern ihren Babys Tee geben wollten, sollten sie einen Teebeutel für ein Liter Wasser gebrauchen. „Früchtetees sind auch eine Alternative“, sagt Antje Degner, denn diese seien nicht belastet.

Belastete Charge wurde zurückgerufen

Die Tees, die in der ZDF-Sendung „Wiso“ getestet wurden, stammen aus Drogerien, Discountern und sogar Apotheken. Bemängelt wurden der „Sidroga Bio Säuglings- und Kräutertee“, „Alnatura Baby-Fenchel-Tee“, „Sonnenkind Baby Tee“ von Sonnentor und die Produkte „Gutes Bauchgefühl“ und „Atme sanft durch“ von H&S Tee.

Das Unternehmen Sonnentor erklärt Kunden auf seiner Website: „Wir bedauern sehr, dass in unserem Baby-Tee PA gefunden wurde. Wir gehen jedoch von keiner Gefahr für dich oder dein Baby aus.“ Sabrina Behnke, Pressesprecherin bei Alnatura sagt: „Es liegen bislang keine Befunde vor, die eine nachteilige Wirkung beim Menschen bestätigen.“

Ilka Böckling, Teamleiterin der Wissenschaftlichen Abteilung bei Sidroga, teilte dem Nordkurier mit, die belastete Charge des Tees zurückgerufen zu haben. Zudem würde die Anzahl der Stichproben nun erhöht werden. Das Produkt bliebe aber im Handel erhältlich. Wolfgang Klar, Geschäftsführer bei H&S Tee, sagt: „Es tut uns sehr leid, dass die beiden Tees durch die Analyse ins Gerede gekommen sind, denn es sind gute Produkte und die Verunsicherung ist unnötig und falsch.“