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Regierung will E-Shisha und E-Zigaretten verbieten

Der Kampf gegen den Elektro-Dampf

Berlin / Lesedauer: 4 min

Jeder Vierte zwischen 16 und 19 Jahren hat schon mal zur elektronischen Zigarette gegriffen. Jetzt will die Bundesregierung durchgreifen.  
Veröffentlicht:23.04.2015, 20:00
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E-Zigaretten und E-Shishas – was ist das überhaupt?

Elektrische Zigaretten enthalten keinen Tabak, meistens aber Nikotin. Sie bestehen aus Mundstück, Akku, einem elektrischen Vernebler und einer Wechsel-Kartusche mit einer Flüssigkeit („Liquid“). Beim Ziehen am Mundstück wird das Liquid vernebelt und inhaliert – deshalb spricht man auch nicht von rauchen, sondern von „dampfen“. E-Shishas sind erst seit etwa eineinhalb Jahren auf dem deutschen Markt und eine Variante der E-Zigarette. Sie heißen so, weil das Mundstück dem einer Wasserpfeife ähnelt. Oft sehen E-Shishas aus wie bunte Stifte, und die Liquids schmecken nach Mango, Apfel oder Zuckerwatte, deswegen sprechen sie vor allem Kinder und Jugendliche an.

Warum sehen Experten das mit Sorge?

Auch wenn die Liquids kein Nikotin enthalten, sind die Inhaltsstoffe nicht ohne. In den meisten von ihnen steckt Propylenglykol – ein Erdölprodukt, das unter anderem als Frostschutzmittel für Autos eingesetzt wird und das die Atemwege reizt. Außerdem haben erste Studien im Dampf der meisten Produkte krebserzeugende Stoffe nachgewiesen, sagt Martina Pötschke-Langer vom Deutschen Krebsforschungszentrum in Heidelberg. Ihr Fazit: „Es besteht eine klare Gesundheitsgefährdung.“ Außerdem sieht sie die Gefahr, dass Kinder und Jugendliche schon früh ans Rauchen gewöhnt werden. Das Bundesinstitut für Risikobewertung und die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BzgA) kommen zu ähnlichen Einschätzungen.

Wieso müssen Kinder und Jugendliche besonders geschützt werden?

Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Marlene Mortler, sieht in den E-Shishas „ein geschicktes Marketing-Produkt der Tabakindustrie“, die Minderjährige „an das Rauchen heranführen will“. Auch für Pötschke-Langer ist offensichtlich, dass die E-Shishas „ganz klar ins Herz von Kindern und Jugendlichen zielen“. Und das offensichtlich mit Erfolg: Unter den 16- bis 19-Jährigen hatte 2014 laut Mortler gut jeder Vierte (27 Prozent) schon einmal eine E-Zigarette probiert – nach acht Prozent 2013. Eine neue Studie der BzgA zeigt Jugendministerin Manuela Schwesig (SPD) zufolge, dass bundesweit etwa 534 000 Jugendliche zwischen 12 und 17 noch nie eine „normale“, dafür aber schon einmal eine E-Zigarette geraucht haben.

Was plant die Bundesregierung?

Weil E-Zigaretten und E-Shishas keinen Tabak enthalten, fallen sie bisher nicht unter das Jugendschutzgesetz. Diese Lücke will Schwesig noch in diesem Jahr schließen und mit einer Änderung von Paragraf zehn den Verkauf an Kinder und Jugendliche verbieten – unabhängig davon, ob die Produkte nikotinfrei sind oder nicht. Das Verbot soll auch für den Versand- und Internethandel gelten. Darüber hinaus will Ernährungsminister Christian Schmidt (CSU) bei der Umsetzung der neuen EU-Tabakrichtlinie in Deutschland nikotinfreie E-Zigaretten den nikotinhaltigen gleichstellen. Das würde etwa Hinweispflichten auf der Verpackung oder Werbebeschränkungen bedeuten.

Sind die Probleme damit gelöst?

Für Pötschke-Langer vom Krebsforschungszentrum sind die Vorhaben nur ein „erster Schritt in die richtige Richtung“. Sie fordert etwa, die süßen Aromen in den Liquids zu verbieten. Außerdem müssten die Produkte dringend kindersicher gemacht werden – zum Beispiel durch Verschlussmechanismen, die Kinder nicht ohne weiteres öffnen können.

Wie viele Jugendliche „dampfen“ denn bereits?

Umfassende Zahlen dazu sind noch nicht bekannt: Einer kleineren Umfrage des Deutschen Krebsforschungszentrums zufolge haben etwa zehn Prozent der 16- bis 19-Jährigen Erfahrungen mit E-Shishas oder -Zigaretten. Eine umfangreichere, noch unveröffentlichte Studie der BZgA, für die auch 12- bis 17-Jährige befragt wurden, reicht den Angaben zufolge eher an die für die USA erhobenen Zahlen heran, die bei 40 Prozent liegen.

Was sagen die E-Shisha-Kritiker?

Vor allem Kinderärzte bemängeln, dass durch die Verdampfer das Inhalieren von Substanzen bei Kindern und Jugendlichen plötzlich wieder angesagt ist – nachdem die Zahl der jungen Raucher zuletzt deutlich gesunken war. Auch ohne Wirkstoff übe „Dampfen“ falsche Verhaltensmuster ein, sagen die Pädiater. Langzeituntersuchungen zu möglichen Folgen der inhalierten Liquids fehlen zudem. Ebenso wie Elternverbände plädieren die Mediziner deshalb für vorbeugenden Gesundheitsschutz.

Welche Gesundheitsgefahren können drohen?

Die Trägersubstanz in den meisten Liquids ist Propylenglykol – ein Erdölprodukt, das unter anderem als Frostschutzmittel für Autos eingesetzt wird und die Atemwege reizt. In einigen der nicht immer komplett deklarierten Liquids wurden zudem geringe Mengen krebserzeugender Nitrosamine gemessen. Weil viele Nutzer ihre Liquids außerdem aus nicht überprüften Bestandteilen selber mischen, sei das Dampfen eine Art „Chemikalien-Versuch am eigenen Körper“, sagen Krebsexperten.

Welche Vorteile nennen Befürworter der E-Zigarette?

Im Vergleich zu Tabakzigaretten sind E-Zigaretten trotz möglicher unbekannter Risiken insgesamt weniger schädlich. Manche Forscher sehen sie deshalb als „gesündere“ Alternative zur herkömmlichen Zigarette – auch für Menschen, die es nicht schaffen, mit dem Rauchen komplett aufzuhören. Durch einen Umstieg auf die E-Zigarette könnten hier viele Menschenleben gerettet werden, sagen die Befürworter. Die Kritiker sehen hingegen keine ausreichenden Hinweise dafür, dass die E-Zigarette dauerhaft entwöhnt – sie sei umgekehrt ein „Einstiegsprodukt“.