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ADHS bei Erwachsenen

Leben mit einer Aufmerksamkeitsstörung

Ratgeber / Lesedauer: 2 min

Wenn es um ADHS geht, hält sich hartnäckig das Bild vom kleinen Zappelphilipp. Doch die Krankheit betrifft nicht nur Kinder, sondern auch Erwachsene.
Veröffentlicht:26.08.2015, 20:50
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ADHS ist keine Diagnose wie Husten oder Windpocken. Die Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung wird gern mit dem Etikett „Modekrankheit“ versehen, auch wenn wissenschaftlich an ihrer Existenz keine Zweifel mehr bestehen. „Es gab früher nicht weniger Betroffene – die öffentliche Aufmerksamkeit für ADHS hat sich aber heute im Vergleich zu früher geändert“, sagt Michael Schönenberg, in der ADHS-Forschung tätiger Psychologe an der Universität Tübingen.

Bei rund fünf Prozent der Kinder und Jugendlichen in Deutschland hat laut einer Studie des Robert-Koch-Instituts schon einmal ein Arzt oder Psychologe die Diagnose ADHS gestellt. Keine andere seelische Erkrankung bei Kindern ist so häufig. Von Erwachsenen mit ADHS dagegen spricht kaum jemand.

„Die Bedeutung und die Auswirkungen von ADHS bei Erwachsenen werden vollkommen unterschätzt“, sagt Astrid Neuy-Bartmann, Fachärztin für Psychosomatik und Psychotherapie in München. Sie ist auf die Behandlung von ADHS bei Erwachsenen spezialisiert. Denn die Aufmerksamkeitsstörung verschwindet nicht, nur weil der Patient kein Kind mehr ist. Rund 60 Prozent derjenigen, die in jungen Jahren von ADHS betroffen waren, haben auch als Erwachsene noch Symptome. „Die Hälfte von ihnen sind in ihrer Lebensgestaltung erheblich beeinträchtigt“, sagt die Ärztin.

Drei Leitsymptome, die unterschiedlich stark auftreten können, kennt die Diagnostik bei Kindern: Sie lassen sich leicht ablenken, sind sehr impulsiv und haben ein großes Bedürfnis nach Bewegung. Bei Erwachsenen ist das Bild vielschichtiger. „Ein Erwachsener mit ADHS kann nach außen hin sehr ruhig wirken, trotzdem aber eine große innere Unruhe verspüren“, erläutert Christian Mette, Leiter der Forschergruppe ADHS bei Erwachsenen am LVR Klinikum Essen, das eine Spezialsprechstunde eingerichtet hat.

Viele der Ratsuchenden dort forschen nach einer Ursache für die Probleme, mit denen sie im Job oder in der Partnerschaft kämpfen. Beziehungen scheitern an Gefühlsausbrüchen, am Arbeitsplatz gibt es Ärger, weil Projekte nicht fertig werden. ADHS-Patienten haben ein höheres Risiko für Suchterkrankungen, manche verschulden sich, weil sie nicht in der Lage sind, einen Überblick über ihre Finanzen zu behalten. „Viele Patienten haben einen langen Leidensweg hinter sich“, sagt der Psychologe.