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Luftfahrzeuge brauchen eigene Versicherung

Warum der Drachen-Spaß sehr teuer werden kann

Hannover / Lesedauer: 3 min

Wenn das bunte Flugobjekt den Tisch der Nachbarn samt teurem Geschirr abräumt oder gar auf der vielbefahrenen Straße landet, kommt die Haftpflicht für den Schaden nicht auf. Was dann?
Veröffentlicht:28.09.2014, 18:33
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Pünktlich zum Herbstbeginn steigen auf den abgeernteten Stoppelfeldern der Republik wieder die Drachen in die Luft. Beim Spiel des Windes mit den Spaßgeräten verdienen auch die Versicherer mit. „Das sind ja im Prinzip Luftfahrzeuge“, sagt eine Sprecherin des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV). Und als Luftfahrtgeräte sind sie im Rahmen der Privathaftpflicht meist nicht mitversichert – sie machen damit den Abschluss einer gesonderten Versicherung notwendig. Konkrete Zahlen zu den Einnahmen aus den speziellen Drachen- und Drohnenversicherungen hat der Verband bisher allerdings nicht.

Bis 2005, so der Allianz-Konzern, waren Drachenlenker wie auch Betreiber motorgetriebener Flugmodelle bis fünf Kilogramm bei Unfällen über die private Haftpflicht mit abgesichert. „Nun ist gesetzlich vorgeschrieben, dass jedes Flugmodell versichert werden muss“, heißt es auf der Homepage des Konzerns, der vor unbeschränkter Haftung bei einem Verschulden warnt. Das sieht auch der auf rechtliche Fragen rund um Drohnen und Flugmodelle spezialisierte Fachanwalt Henrik Gerlach aus Bad Honnef bei Bonn so: „Das ist seit einigen Jahren eindeutig: Alle Luftfahrzeuge – also auch Drohnen oder Flugmodelle – müssen zwingend haftpflichtversichert werden.“

Vor allem bei den zunehmend beliebteren Hobby-Drohnen würden die Risiken von den Betreibern aber zunehmend unterschätzt: „Viele wissen nicht, dass es eine Versicherungspflicht gibt“, erklärt der Jurist. Diese Einschätzung teilen auch die Versicherer. Allerdings gibt Gesa Panetta vom Versicherungskonzern Talanx in Hannover zu bedenken: „Tatsächlich ist die Einordnung von Lenkdrachen als Luftfahrzeug derzeit gesetzlich nicht klar geregelt.“ Bis 2012 waren Lenkdrachen demnach im Luftverkehrsgesetz noch als Luftfahrzeuge eingestuft, seitdem wurde dieser Passus ersatzlos gestrichen, sodass es keine wirklich eindeutige gesetzliche Regelung gibt.

Bei einer Leinenlänge von mehr 30 Metern wird es kritisch

Die aktuelle Regelung lässt aus Branchensicht daher zwei Interpretationen zu. Zum einen sind Luftfahrzeuge laut Gesetz auch „sonstige Geräte“, die in Höhen von mehr als 30 Metern betrieben werden können. Panetta: „Das schließt unter Umständen Drachen ein, deren Leinenlänge mehr als 30 Meter beträgt; für diese würde dann eine separate Versicherungspflicht bestehen.“ Im Klartext: Eine private Haftpflichtversicherung käme dann nicht für Schäden auf.

Zum anderen kennt das Gesetz Geräte, die besondere Gefahren für die Luftfahrt mit sich bringen, „ohne Luftfahrzeug zu sein“. „Dazu gehören explizit auch Drachen“, so die Talanx-Sprecherin. Auch private Drohnen gehören laut dem Deutschen Modellflieger-Verband dazu. „Das Ganze wird gerade neu geregelt“, sagt Verbandssprecher Tom Wellhausen. Sein Verband hatte sich nach Wellhausens Angaben einst explizit gegründet, um die Risiken des Flugsports abzudecken. Drachen-Versicherungen liegen je nach Deckungssumme bei Prämien von knapp 90 bis 145 Euro pro Jahr.

Je nach Einsatzzweck geht es deutlich günstiger bei der Deutschen Modellsport-Organisation. Auch die auf Luftfahrt- und Industrieversicherung spezialisierte Allianz-Tochter AGCS bietet eine spezielle Lenkdrachen-Versicherung an. „Jeder noch so kleine Schaden, auch wenn es nur die verkratzte Autotüre eines Zuschauers ist, muss ansonsten aus eigener Tasche bezahlt werden“, betont der Konzern. Die Talanx-Versicherungstochter HDI etwa schließt über ihr Basis-Paket nur Drachen oder Kites mit einem Fluggewicht bis fünf Kilogramm und einer Leinenlänge unter 30 Metern ein.