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Im Gespräch mit dem Sternekoch

Das Produkt ist der Star

Göhren-Lebbin / Lesedauer: 6 min

Mitten in Mecklenburg erfüllt sich ein österreichischer Sternekoch einen Lebenstraum, der ihn zurück zu seinen Wurzeln führt. Gerlinde Bauszus sprach im Schlosshotel am Fleesensee mit dem Chef de Cuisine Johann Lafer.
Veröffentlicht:12.05.2017, 19:17
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Wann begann Ihre Leidenschaft für das Kochen?

Die habe ich in meiner Kindheit entdeckt. Ich bin auf einem kleinen Selbstversorger-Bauernhof aufgewachsen und wurde schon früh an so alltägliche Aufgaben wie Anbauen, Ernten, Einlagern herangeführt. Die Begeisterung darüber, was die Natur uns schenkt und was man daraus zubereiten kann, habe ich seitdem nicht mehr verloren.

Haben Sie auch als Kind mit in der Küche gestanden und Ihrer Mutter beim Kochen zugeschaut?

Ja, ja. Genau das war auch der Grund, warum ich Koch geworden bin. Ich habe mit neun Jahren eine Rührschüssel bekommen, die bei mir sehr viel ausgelöst hat. Die kam von meiner Tante aus der Schweiz und das hat mich sehr motiviert zu kochen und daran Spaß zu haben.

Gibt es etwas, das Sie von der Großmutter oder Mutter übernommen haben?

Die Sorgfalt, Liebe bei der Zubereitung und Verarbeitung. Vor allem aber den Respekt vor Lebensmitteln. Es fällt mir sehr schwer, diese „Mittel zum Leben“ einfach wegzuwerfen, weil ich groß geworden bin in einer Kindheit, wo man damit sehr sparsam umgehen musste. Das habe ich mir zu eigen gemacht: Ich bin ein Koch, der gern alles irgendwie verarbeitet.

Inwieweit fließen Rezepturen Ihrer Oma oder Mutter in Ihre heutige Küche mit ein?

Der Geschmack meiner Kindheit hat sich fest in mir verankert. Und wenn mir mal ein Rezept genau so gelingt, wie ich es in Erinnerung habe oder das Gericht in die Richtung meiner Oma oder Mutter geht, entsteht in mir ein ganz besonderes Gefühl ...

Inwiefern ist Großmutters Küche mit der heutigen nicht mehr vergleichbar?

Weil die Herangehensweise, die Art der Zubereitung eine andere ist. Ich sag’s mal im Klartext: Meine Mutter hat Fleisch über Stunden so lange geschmort, bis es ausgesehen hat wie schon mal gegessen. Heute schneidet man es elegant in Stücke, brät es nur kurz. Es geht also darum, uns bekannte Gerichte mit einer gewissen Modernität zu kreieren, zu verfeinern. Das ist auch das Kernthema, das wir im Schlossrestaurant „Blüchers“ verfolgen.

Welche Ihrer Sinne reagieren beim Kochen am stärksten?

Vier Punkte stechen für mich besonders heraus: Geruch, Ästhetik, Geschmack und die Haptik der Lebensmittel.

Was fasziniert Sie eigentlich so sehr am Kochen?

Der kreative Umgang mit Lebensmitteln. Ich bin verrückt nach Produkten. Es begeistert mich, aus der Vielfalt durch unterschiedliche Garmethoden und technische Finessen immer wieder neue Gerichte zaubern zu können, Genussmomente zu erzeugen.

Wann, wo, wie kreieren Sie neue Rezepte: Fallen die Ihnen im Schlaf ein?

Das ist eine Mischung aus Erfahrung, Neugierde, Weltoffenheit – die Basis aller kulinarischen Entdeckungen. Und ich gehe gern essen, beschäftige mich mit den Gerichten, schaue über den Tellerrand hinaus ...

... sehr weit sogar.

Ja, ich reise wirklich sehr gern, schaue überall hin. Als Asienliebhaber haben mich diese Einflüsse über lange Zeit bei der Weiterentwicklung meiner Küche geprägt. Mittlerweile hat für mich aber auch die moderne Interpretation der heimischen Küche große Bedeutung.

In der Göhren-Lebbiner Schlossküche wollen Sie nun regionalen Lebensmitteln zu einem Revival verhelfen und aus den Naturprodukten des weitläufigen Schlossgartens raffinierte Geschmackskompositionen für die „Blüchers“-Gäste zaubern. Man hörte gar von grünen Eiern ...

... die kommen von hoteleigenen südamerikanischen Araucana-Hühnern. Es gibt auch Fleisch aus eigener Rinderzucht und alte, fast in Vergessenheit geratene Gemüsesorten, dazu unzählige Obstbäume und Kräuterbeete. Alles Produkte, die direkt aus der Natur frisch auf den Tisch kommen: natürlich, unverfälscht. Eine Küche nach meinem Geschmack: regional, authentisch. Vertrauen plus Nachvollziehbarkeit ist unbestritten die Zukunftsformel. Deshalb lautet ja auch mein Credo: Das Produkt ist der Star. Von nichts kommt nichts. Einen verwelkten Salat kann ich auch mit der besten Soße nicht wachküssen.

Wie oft wird Sie der Gast am Fleesensee erleben können?

Da die Karte monatlich gewechselt wird, werde ich jeweils mehrere Tage im Monat im „Blüchers“ sein, auch, um zu Beginn jeder Saison die neue Karte vorzustellen.

Wie kriegen Sie das hin bei all Ihren Terminen als Unternehmer, Autor, Fernsehkoch ...?

In der Tat haben wir in den zurückliegenden 14 Tagen 20 Fernseh-Sendungen aufgezeichnet. Darunter „Kerner kocht“, „Grill den Henssler“ „Küchenschlacht“. Dies ist genauso eine komprimierte Arbeit wie auf meiner „Stromburg“ oder im „Blüchers“. Anders würde es gar nicht funktionieren. Vor allem ist es eine Frage der Organisation und der Menschen, die mein Vertrauen genießen. Es muss in jedem Bereich Spitzenleute geben, die mein Konzept, meine Philosophie teilen und mit umsetzen.

Kochen Sie zu Hause eher traditionell oder zelebrieren Sie dann die große Show?

Eher traditionell. Ich beschäftige mich jeden Tag mit vielen Dingen, die heute in der Gastronomie gelebt werden müssen oder wollen. Da will man zu Hause eher einfach essen und bescheiden sein.

Auf welches Gewürz möchten Sie in Ihrer Küche keinesfalls verzichten?

Knoblauch, Zitrone, Chili -– Gewürze allgemein. Neben dem guten Produkt, einer perfekten Zubereitung und der Optik steht an erster Stelle, dass es schmecken muss.

Anfang der 1980er Jahre waren Sie für einen Pariser Patissier tätig. Backen oder kochen Sie lieber?

Ich koche lieber, das ist kreativer, und ich kann mehr improvisieren. Beim Backen muss man alles ganz genau abmessen und zuordnen.

Gibt es einen prominenten Menschen, mit dem Sie gern einmal gemeinsam am Herd stehen würden?

Mario Adorf. Weil er ein Mensch mit so reichen literarischen Kenntnissen ist. Ein geistiger Poet. Mit ihm würde ich gerne einmal kochen und dabei natürlich über kulinarische Anekdoten plaudern.

Schon als Steppke hatten Sie ziemlich große Träume: Fußballstar werden, als Hubschrauberpilot die Lüfte erobern und wie die Ritter auf einer alten Burg leben. Hat alles geklappt?

Alles, bis auf den Fußballstar.

Was bedeutet Heimat für den Weltenbummler Johann Lafer?

Heimat ist dort, wo meine Emotionen geprägt wurden. Für mich wird Heimat immer Heimat bleiben.

Wir suchen die besten Hobby-Köche

Vom 13. Mai bis 19. August ist der Nordkurier im Nordosten unterwegs und sucht die besten Hobby-Köche. Kochen Sie Ihr Gericht nach dem Original-Rezept oder in Ihrer Variation.

Ihre Leibspeisen stehen im Mittelpunkt unserer großen Tour „Nordkurier is(s)t unterwegs”. Sie können uns die Lieblings-Rezepte aus Kindheit und Jugendzeit senden. Die werden allesamt im nächsten Rezepte-Magazin des Nordkurier veröffentlicht. Schreiben Sie uns gern ein paar Zeilen dazu – persönliche Anekdoten zu diesem Gericht.

Wichtig: Geben Sie an, ob Sie Lust haben, bei einer der Shows selbst den Kochlöffel zu schwingen und gegen andere Nordkurier-Leser anzutreten. Die Besten unter Ihnen ziehen dann in die Finalrunden ein. Die Shows finden in verschiedenen Lokalen der Region statt.

Bewerben Sie sich jetzt unter kochtour[at]nordkurier.de!

Oder per Post an: Nordkurier, Friedrich-Engels-Ring 29, 17033 Neubrandenburg, Kennwort: Kochtour