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Prozess gegen "Welt"

AfD-Politiker Höcke gewinnt Prozess in Neubrandenburg

Neubrandenburg / Lesedauer: 2 min

Björn Höcke hat nie „Türken raus!“ gesagt – und gewinnt deshalb einen Prozess gegen ein Berliner Medienhaus. Es ging um einen Auftritt in Neubrandenburg.
Veröffentlicht:23.06.2017, 21:14

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Am 12. August 2016 sprach der thüringische Fraktionsvorsitzende der AfD, Björn Höcke, auf dem Markt in Neubrandenburg. Neben 200 Zuhörern und dem Nordkurier war auch überregionale Presse zugegen, darunter die Berliner „Welt“. In ihrer Berichterstattung hat sie Höckes Äußerungen aber nicht richtig wiedergegeben. Das ergibt sich aus einem aktuellen Urteil des Landgerichts Neubrandenburg, das unserer Zeitung vorliegt.

„Zitate eines Kritisierten müssen zutreffend sein“, schreibt darin Richter Benjamin Beischer, und betont, dass es zu einem Unterschieben herabsetzender Äußerungen nicht kommen dürfe. Zitate von Politikern dürften nicht mit der Interpretation von Journalisten vermengt werden. Die „Welt“ hatte über die Versammlung folgendes geschrieben: „Björn Höcke hetzt: Türken raus!“ Dabei hatte Höcke gar nicht „Türken raus“ gerufen. Vielmehr sagte Höcke folgendes: „Dass wir jetzt schon nicht mehr Herr im eigenen Haus sind, zeigt die türkische Großdemonstration in Köln. (…) Die Demonstranten von Köln wollen Türken sein. (…) Aber diese Demonstranten haben unsere Gastfreundschaft auch missbraucht. Sie riefen: ,Hoch lebe Erdogan!‘ Ich aber sage: ,Geht zurück in euer Land und gestaltet es nach euren Wünschen!‘.“

Einschätzung des Gerichts

Zu diesen Äußerungen schreibt nun das Gericht in Neubrandenburg: „Im Rahmen der Rede hat sich Höcke zwar durchaus polemisch und scharf mit den Pro-Erdogan-Demonstranten und den Türken, die den türkischen Präsidenten Erdogan in Deutschland insgesamt unterstützen, auseinandergesetzt, aber ersichtlich weder wörtlich noch sinngemäß alle Türken ohne jegliche Differenzierung zur Ausreise aufgefordert.“ Damit werde Höcke eine Äußerung in den Mund gelegt, die er nicht getan habe und die „seinen sozialen Geltungsanspruch beeinträchtigt“. Zu diesem Urteil kommt das Gericht nach eigenen Worten „auch eingedenk des Umstands, dass sich Höcke im Übrigen mehr als kritisch mit Nichtdeutschen in Deutschland auseinandersetzt.“

Grundsatz der Gleichbehandlung

Der AfD-Politiker dürfe daher von der „Welt“ eine Richtigstellung verlangen. Das Gericht diktiert der Zeitung sogar, wie diese Richtigstellung formuliert sein muss: „Björn Höcke hat die Äußerung ,Türken raus!‘ nicht getätigt.“ Das Urteil vom Landgericht Neubrandenburg zeigt, dass in Deutschland Recht und Gesetz für jedermann durchgesetzt werden, und dass auch AfD-Politiker auf den Rechtsstaat vertrauen dürfen.

Höcke plagen dessen ungeachtet derzeit einige Sorgen: Mitte Februar 2017 beschloss der AfD-Bundesvorstand die Einleitung eines Parteiausschlussverfahrens. Seine kontroversen Aussagen zum Berliner Holocaust-Mahnmal werden auch als Grund für den demoskopischen Niedergang der Partei angeführt, laut dem Forschungsinstitut „Allensbach“ liegt die AfD bundesweit bei nur noch 6,5 Prozent.