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Ideen für den Arbeitsmarkt

Das Handwerk möchte so gern trendy sein

Neubrandenburg / Lesedauer: 3 min

Handwerksbetriebe haben mit dem fehlenden Nachwuchs genug Sorgen – da droht ihnen durch die Rente ab 63 auch auf der anderen Seite das Personal abhandenzukommen. Deswegen wird nun am Image gefeilt.   
Veröffentlicht:25.03.2014, 15:39

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„In den letzten sechs bis sieben Jahren wurde es besonders schwierig, Auszubildende zu finden“, sagt Karla Ohm. „Dann kam gar niemand mehr.“ Karla Ohm arbeitet in der Bäckerei Ohm in Wildberg. Insgesamt 17 Lehrlinge habe der Familienbetrieb über die Jahre ausgebildet – dann erreichten die Nachwuchssorgen im Handwerk auch die Bäckerei in der Nähe von Altentreptow.

Bis zum Jahr 2008 lag die Zahl der Bewerber in Mecklenburg-Vorpommern stets deutlich über der Zahl der angebotenen betrieblichen Ausbildungsplätze, heißt es vonseiten des Wirtschaftsministeriums. Seitdem habe der Rückgang der Schülerzahlen die Situation auf dem Ausbildungsstellenmarkt praktisch umgekehrt. Davon sei jede Branche betroffen – auch das Handwerk.

Die Familienbäckerei in Wildberg hatte schon überlegt, gar keine Lehrlinge mehr einzustellen. Und verwarf die Idee wieder. „Es ist wichtig, die Bäcker-Ausbildung zu unterstützen“, sagt Karla Ohm. Sie äußert das mit einem Selbstverständnis, mit dem sie auch ausdrückt: Handwerk ist mehr, als nur Dienst nach Vorschrift. Es geht auch darum, dass eine neue Generation traditionelle Berufe erlernt und erhält.   

Jeder Fünfte arbeitet beim Handwerker

2012 waren in MV 96 000 Beschäftigte im Handwerk registriert. Fast jeder fünfte sozialversicherungspflichtig Beschäftigte arbeitet in einem der Handwerksbetriebe im Land, meldet die Handwerkskammer Ostmecklenburg-Vorpommern (HWK-OMV). Und sie hat weitere gute Nachrichten: Laut einer Forsa-Umfrage sei das Ansehen des Handwerks in der Öffentlichkeit weiter gestiegen. Zudem sind „die Auftragsbücher in den meisten Branchen gut gefüllt“, wie Claudia Alder sagt, Geschäftsführerin der HWK-OMV. Allein: Es fehlen Menschen, die die Arbeit auf lange Sicht leisten. Handwerksbetrieben in allen Branchen fehlen die Fachkräfte. Und das Problem nimmt zu, so Alder.

In den Zahlen des Wirtschaftsministeriums heißt das: 2013 sind in den neuen Bundesländern 4,7 Prozent weniger Ausbildungsverträge im Handwerk abgeschlossen wurden. In MV gab es einen Rückgang von 6,2 Prozent. Die Handwerkskammern versuchen mit groß angelegten Werbekampagnen den Trend umzukehren, unter anderem mit Selbst-Titulierungen wie „Die Wirtschaftsmacht von nebenan.“ Angebote wie der „Girls Day“ und die „Lehrstellensuche via Smartphone“ richten sich gezielt an junge Menschen. Und das durchaus erfolgreich. „Bei Jugendlichen hat das Handwerk in Sachen Wahrnehmung und Wertschätzung einen gehörigen Sprung gemacht“, sagt Anne-Kathrin Klötzer, Pressereferentin der HWK-OMV. So hätten 2012 deutlich mehr 14- bis 18-Jährige das Handwerk wahrgenommen, als noch im Jahr zuvor. 

Die Hoffnung ist, dass sich das in wieder steigenden Bewerberzahlen zeigt. Dafür wird auch der Kreis möglicher Bewerber möglichst weit gespannt. „Wir wollen sowohl Schwächere integrieren, als auch Gymnasiasten und Studienabbrecher“, sagt Klötzer. Bis die Trendwende eintritt, soll noch stärker auf die Erfahrenen und lang Gedienten gesetzt werden.

Die Bäckerei Ohm hat bei ihrer Lehrlingssuche eine Taktik angewendet, mit der sie seit geraumer Zeit gut fährt – im wahrsten Sinne: Mehrmals die Woche dreht eine Mitarbeiterin mit dem Verkaufswagen ihre Runde über die Dörfer. Neben Backwaren wurden dabei auch Info-Broschüren über die Theke gereicht.