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Schweriner Landtag

Linke besteht auf NSU-Untersuchungsausschuss

Schwerin / Lesedauer: 3 min

Anders als im Bundestag sollte sich in MV nur ein Landtags-Unterausschuss mit der Aufklärung der NSU-Aktivitäten befassen. Der aber wird von Juristen nicht anerkannt. Kommt nun doch ein Parlamentarischer Untersuchungsausschuss?
Veröffentlicht:23.08.2017, 15:22
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Nach der endgültigen Weigerung des Oberlandesgerichts München, dem Schweriner NSU-Unterausschuss Akteneinsicht zu gewähren, dringt die Links-Opposition im Landtag nun auf die Einsetzung eines regulären Untersuchungsausschusses. „Ein Parlamentarischer Untersuchungsausschuss zur Aufarbeitung des NSU-Komplexes ist überfällig.

Nur mit einem solchen Instrument können wir die Aufklärung der NSU-Taten in Mecklenburg-Vorpommern voranbringen”, erklärte Linken-Innenexperte Peter Ritter am Mittwoch. Dabei gehe es nicht nur um Akteneinsicht, sondern auch um das Recht, Zeugen vorzuladen und öffentlich anzuhören, wie dies zuvor schon in den NSU-Untersuchungsausschüssen anderer Landtage und des Bundestags möglich war.

Ein Mord und zwei Banküberfälle im Nordosten

Der Schweriner Landtag hatte zu Beginn der neuen Legislaturperiode aus Kostengründen entschieden, nur einen Unterausschuss des Innenausschusses mit der Aufklärung der NSU-Verbrechen im Nordosten und möglicher Ermittlungspannen zu betrauen. Dem versagen aber die Richter in München – dort läuft der Prozess gegen das einzige noch lebende Mitglied des rechtsextremistischen NSU-Trios, Beate Zschäpe – „aus Rechtsgründen” die geforderte Akteneinsicht.

Nach Auffassung des Gerichts stünden einem Unterausschuss – anders als einem Parlamentarischen Untersuchungsausschuss – keine strafprozessualen Befugnisse zu, zitierte ein Parlamentssprecher aus dem Brief. Zuvor hatte sich Parlamentspräsidentin Sylvia Bretschneider um ein Einlenken der Richter bemüht.

Die Abgeordneten in Schwerin hatten sich zum Ziel gesetzt, wichtige Themenkomplexe des NSU-Terrors mit Bezug zu Mecklenburg-Vorpommern aufzuarbeiten. Dazu gehört in erster Linie der Mord an Mehmet Turgut 2004 in Rostock. Aber auch zwei Banküberfälle in Stralsund werden der dreiköpfigen Gruppe zugerechnet, die für insgesamt zehn Morde in Deutschland verantwortlich gemacht wird. Beleuchtet werden sollten zudem die Erkenntnisse und Maßnahmen der Sicherheitsbehörden in Mecklenburg-Vorpommern nach Bekanntwerden des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) im Jahr 2011 sowie die damaligen Unterstützerstrukturen.

AfD-Fraktion lehnt Untersuchungsausschuss ab

Die SPD-Abgeordnete und Vorsitzende des NSU-Unterausschusses, Susann Wippermann, zeigte sich von der Nachricht aus München „außerordentlich enttäuscht”. Mit seiner Verweigerungshaltung habe das Oberlandesgericht der wichtigen NSU-Aufklärungsarbeit enorme Steine in den Weg gelegt. „Insbesondere im Sinne der Opfer und Hinterbliebenen des NSU-Terrors müssen die Taten umfassend aufgeklärt und wichtige Schlussfolgerungen für die Sicherheits-, Ermittlungs- und Strafverfolgungsbehörden gezogen werden, selbstverständlich auch hier in Mecklenburg-Vorpommern”, betonte sie.

Durch die endgültige Absage des OLG München sei dies mit einem Unterausschuss nicht mehr möglich. Zu den verbleibenden Optionen zähle die Einsetzung eines Parlamentarischen Untersuchungsausschusses (PUA), so Wippermann. Darauf reagierte Ritter umgehend: „Wenn die SPD tatsächlich an Aufklärung interessiert ist, kann und darf sie sich der Einsetzung eines PUA nicht länger widersetzen.”

Die AfD-Fraktion hatte zuvor schon ihre Ablehnung deutlich gemacht. Im Bundestag und anderen Landtagen sei das Thema NSU bis ins Detail durchleuchtet worden, neue Erkenntnisse seien nicht zu erwarten.