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Debatte über Trauerorte

Mehr Menschen lassen sich anonym bestatten

Neubrandenburg / Lesedauer: 3 min

Immer mehr Menschen in Mecklenburg-Vorpommern entscheiden sich für eine anonyme Bestattung. Aber auch die kostet Geld. Zudem haben die Hinterbliebenen keinen Ort der Trauer - den viele aber brauchen.
Veröffentlicht:30.10.2016, 13:16
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Wo die Kraniche und andere Vögel ihr Brutgebiet haben, führt eine alte Kastanienallee zu einem Ort des Erinnerns und Gedenkens, zum Friedwald Grevesmühlen. Der wurde im September 2015 von der gleichnamigen GmbH eröffnet, die deutschlandweit 57 Friedwälder betreibt.

Seitdem fanden hier 35 Menschen ihre letzte Ruhestätte. Hier werden die Urnen an Bäumen bestattet; daran hängen kleine Täfelchen mit den Namen der Toten: Höchstens zehn Namen pro Naturgrab. Ein Baum kostet nach Angaben des Friedwalds, zwischen 3300 und 3600 Euro, die Beisetzung noch einmal 275 Euro. Auch weil ein Baum 99 Jahre Bestandsgarantie habe, entschieden sich immer mehr Menschen für diese Art der Bestattung. "Viele unsere Kunden sagen: 'Der Wald fängt unsere Trauer auf und tröstet uns'", sagt Friedwald-Sprecherin Corinna Brod.

Möglichst schnell weg

Doreen Peter wäre froh, wenn auch ihre Kundschaft der Trauer mehr Raum gäbe. Denn immer mehr ihrer Kunden, erzählt die Bestatterin aus Neubrandenburg, erweckten den Eindruck, sie seien der Ansicht: "Der Mensch ist tot, damit ist er nichts mehr wert und das Thema soll schnell erledigt werden."

Und Jahr für Jahr entscheiden sich mehr Menschen für eine anonyme Bestattung. Von rund 700 Bestattungen im Jahr 2015 gab es nach Angaben der Stadtverwaltung Neubrandenburg über 300 Beisetzungen in anonymen Gemeinschaftsanlagen, rund 140 in Gemeinschaftsanlagen mit Namensnennung und lediglich knapp 250 in herkömmlichen Beisetzungen.

"Die Menschen denken, das kostet kein Geld, wenn man auf die Streuwiese kommt", sagt Bestatterin Peter. Aber das stimmt nicht. 600 bis 800 Euro einmalig kostet eine Grabstelle für 20 Jahre, die man selbst pflegt. Übergeben die Angehörigen die Pflege der städtischen Friedhofsverwaltung, kostet das in Neubrandenburg einmalig 1170 Euro.

Kirche ist für Namensnennung

In der Universitätsstadt Greifswald fanden 2015 rund 440 Urnenbestattungen auf den kommunalen Friedhöfen statt, über die Hälfte davon, wurden auf der Gemeinschaftsanlage bestattet, sagt eine Stadtsprecherin. "Etwa 20 Prozent davon haben keinen Namen auf den Erinnerungstafeln, aber einen Trend dafür sehen wir nicht."

Pröbstin Helga Ruch vom Pommerschen Evangelischen Kirchenkreis der Evangelisch-Lutherische Kirche in Norddeutschland stellt immer wieder fest, dass "Menschen einen Ort brauchen, an dem sie Blumen und Trauer ablegen können". Das werde gerade nach Seebestattungen deutlich.

Die Angehörigen hätten dann zwar Koordinaten, wo die Asche ungefähr liegen könne, aber dies sei kein Ersatz. Deshalb spricht sich die Nordkiche auch für Bestattungen mit Namensnennung aus: "Gräber auf kirchlichen Friedhöfen mit Namen und Daten der Verstorbenen erinnern an persönliche Lebensgeschichten", sagt Kirchenkreis-Sprecher Sebastian Kühl.