ARD-Doku prangert Betrieb in MV an

Qualvolle Ferkeltötungen

Losten/Schwerin / Lesedauer: 3 min

Grausige Aufnahmen von brutalen Ferkeltötungen sorgen erneut für Aufregung. Erstmals belasten die Bilder auch einen Schweinezüchter in MV. Ausgerechnet der zuständige Kontrolleur stärkt ihm den Rücken.
Veröffentlicht:16.07.2014, 20:28

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Es sind Bilder, die im Kopf bleiben: Mit ausgestrecktem Zeigefinger steht die Mitarbeiterin der Schweinezuchtanlage vor der Buchte einer Muttersau, zählt die an deren Zitzen saugenden Ferkel. Kurz darauf steigt die Frau in die Buchte, greift sich eines der Ferkel heraus und schlägt es, scheinbar automatisiert, mit dem Kopf gegen die Buchtenwand. Mal reicht ein einzelner Schlag, mal schleudert sie die jungen Tiere mehrfach gegen die Kante. Als sich der kleine Körper nicht mehr regt, geht sie zur nächsten Buchte, streckt den Zeigefinger aus und zählt von vorn.

Aufgezeichnet wurde diese Szene von Tierschützern der Gruppe Animal Rights Watch (ARIWA), ausgestrahlt am vergangenen Montag in der Reihe ARD-Exclusiv. Unter dem Titel: „Gequält, totgeschlagen und weggeworfen – Das Leid in Deutschlands Ferkelfabriken“ hatten sich darin zwei Journalisten eines Themas angenommen, das bereits vor etwas mehr als sechs Monaten für große Aufregung sorgte: Die mutmaßliche Tötung lebensfähiger Ferkel, weil sie überzählig sind.

Beachtung des Gesetzes sei hohes Gut

Der Betrieb, in dem die Bilder aufgezeichnet wurden, steht laut den Autoren der Reportage in Losten, einem kleinen Ort gut 15 Kilometer von Wismar entfernt. Laut ARIWA sind in der dortigen Schweinezucht „Gut Losten“ 62 000 Schweine eingestallt, viele Tausend Ferkel verlassen die Anlage jährlich. Ob tot oder lebendig, darüber entscheiden die Mitarbeiter. Die Beachtung des Tierschutzgesetzes ist ihnen dabei ein hohes Gut.

Das behauptet im Übrigen nicht der bis kommenden Montag nicht erreichbare Geschäftsführer der Anlage, sondern ein Mitarbeiter des Kreisveterinäramts. Ausgerechnet jener Behörde also, die für die Kontrolle der Einhaltung von Tierschutzgesetz und Schlachtungsverordnung zuständig ist. „Ich weise die Vorwürfe strikt zurück“, sagte der im Gespräch mit dem Nordkurier, „das deckt sich nicht mit meinen Beobachtungen.“ Seit „mehreren Jahren“ sei er für die Kontrolle des Betriebes zuständig. Fälle, wie die nun dokumentierten, habe er dabei nie festgestellt. „Das Zählen der Ferkel und Umsetzen überzähliger Tiere zu Ammensauen ist Teil jeder guten Bestandsdokumentation“, so der Mitarbeiter. Seine Erklärung dafür, dass die Aufnahmen tödliche Kopfschläge statt behutsames Umsetzen zeigen: „Die Bilder sind zusammengeschnitten, das sieht man nur beim mehrmaligen Hinsehen.“

Machern der Reportage wird Betrug unterstellt

Eine These, die den Machern der Reportage offen Betrug unterstellt. Und noch eine weitere Formulierung des Veterinärs überrascht. „Die Tötung der Ferkel per Kopfschlag ist gängige Praxis, das Betäuben und Töten der Ferkel in einem Arbeitsgang vom Tierschutzgesetz so vorgesehen.“ Weil genau das jedoch massiv umstritten ist, hatte ein Amtskollege des Landkreises Vorpommern-Greifswald im Dezember scharfe Kritik einstecken müssen. Auch er hatte in Bezug auf die Tötung von Ferkeln per Kopfschlag von einer „gängigen Praxis“ gesprochen, die ebenfalls durch einen Fernsehbeitrag erhobenen Vorwürfe richteten sich damals gegen den aus Holland stammenden Schweine-
züchter Adriaan Straathof.

Während die Staatsanwaltschaft Neubrandenburg die Ermittlungen gegen Straathof im April eingestellt hatte, könnten Ermittler bald das „Gut Losten“ inspizieren. Wie die Generalstaatsanwaltschaft in Rostock bestätigte, hat das Agrarministerium um die Prüfung von Ermittlungen wegen Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz beantragt. Dieser werde nun der Staatsanwaltschaft Schwerin zugestellt.