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Regierungserklärung in MV

Sellering für Durchhalte-Kurs kritisiert

Schwerin / Lesedauer: 3 min

Erwin Sellering widmete seine erste Regierungserklärung nach der Wahl vor allem der Kontinuität. Die fünfundvierzigminütige Rede barg aber auch die eine oder andere kleine Überraschung – und Kritik.
Veröffentlicht:07.12.2016, 15:31
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Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsident Erwin Sellering (SPD) hat in der ersten Regierungserklärung nach seiner Wiederwahl spezielle Entwicklungsprojekte für Vorpommern angekündigt. Der östliche Landesteil habe mit deutlich mehr Strukturproblemen zu kämpfen als der Landesteil Mecklenburg, räumte Sellering am Mittwoch im Landtag in Schwerin ein. Welche Maßnahmen diesem Missstand abhelfen sollen, ist demnach noch offen.

Vorbild sollen Projekte aus der Zeit der ersten rot-roten Landesregierung sein, sagte der Regierungschef. „Damals waren es zum Beispiel der Ausbau der Usedomer Bäderbahn und die Entwicklung des Industriehafens Lubmin.” Beide Entscheidungen hätten sich als nachhaltig gut für ganz Vorpommern herausgestellt. „Das wünsche ich mir auch für diese Wahlperiode: dass sich Akteure auf zwei, drei zentrale Projekte verständigen, die machbar sind und die Region insgesamt voranbringen”, sagte Sellering.

Positive Aspekte des Wahlergebnisses

Insgesamt habe sich Mecklenburg-Vorpommern seit der Deutschen Einheit gut entwickelt und könne nach schwierigen Jahren inzwischen beachtliche Erfolge vorweisen. „Die vergangenen Jahre waren die wirtschaftlich erfolgreichsten in der Geschichte unseres Landes”, sagte der Regierungschef. Die Zahl der Arbeitslosen habe sich in den vergangenen zehn Jahren mehr als halbiert. Die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätze sei um mehr als 50 000 gestiegen. In die Kitas und Schulen stecke das Land deutlich mehr Geld, zugleich würden seit einem Jahrzehnt keine neuen Schulden mehr aufgenommen.

„Ich finde, darauf können wir gemeinsam stolz sein”, sagte Sellering. Im Wahlergebnis vom 4. September sehe er vor allem den Auftrag, „das, was in den letzten Jahren erfolgreich war, kontinuierlich fortzuführen”.

Negative Aspekte des Wahlergebnisses

In der Bevölkerung gebe es aber auch Unmut, das habe das Wahlergebnis auch gezeigt, sagte Sellering. Als Hauptursache dafür nannte er die Diskussion über die Aufnahme von Flüchtlingen. Aber auch die Kreis- und die Gerichtsreform im Land seien kontrovers diskutiert worden. Sellering verteidigte beide Reformen. Sie seien notwendig gewesen, um möglichst leistungsfähige, bezahlbare Verwaltungen zu erhalten.

Die Fraktionsvorsitzende der Linken, Simone Oldenburg, sagte, auch die Ablehnung sämtlicher Volksinitiativen der Vergangenheit sowie soziale Verwerfungen führten zu Unmut im Land. Jedes fünfte Kind lebe in einer Familie, die auf Sozialleistungen angewiesen ist. Jeder zehnte Arbeitnehmer müsse aufstocken, weil das Geld nicht zum Leben reiche. Fast 90 000 Menschen lebten ausschließlich von Hartz IV, davon mehr als die Hälfte länger als vier Jahre. „Das können Sie doch nicht einfach so hinnehmen”, sagte Oldenburg an die Adresse Sellerings. Die große Zahl der Betroffenen zeige, dass der erste Arbeitsmarkt allein nicht das Allheilmittel sei. Für öffentlich geförderte Beschäftigung wolle die Regierung aber kein Geld ausgeben.

Vorwurf: Für Parteifreunde Geld locker gemacht

Für eigene Parteifreunde, die ihr Landtagsmandat verloren haben, werde allerdings Geld locker gemacht, sagte Oldenburg. Auch der AfD-Fraktionsvorsitzende Leif-Erik Holm kritisierte die Schaffung von „Versorgungsposten”, zu denen er auch den neuen Vorpommern-Staatssekretär Patrick Dahlemann (SPD) und dessen Stellvertreter, den Ex-Abgeordneten Bernd Schubert (CDU) sowie die Ex-SPD-Abgeordnete Dagmar Kaselitz zählte. Kaselitz bekleidet das neu geschaffene Amt einer Integrationsbeauftragten im Sozialministerium des Landes.

Die Fraktionsvorsitzenden von SPD und CDU, Thomas Krüger und Vincent Kokert, stellten die erreichten Fortschritte im Land heraus. Krüger warf der AfD vor, in ihren ersten drei Monaten im Landtag starke Sprüche geklopft, aber keine Konzepte vorgelegt zu haben. Kokert betonte, die Haushaltsdisziplin bleibe ein Markenkern der Politik seiner Partei.