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Unfallfolgen sind noch immer spürbar

Waren / Lesedauer: 4 min

Seit einem schweren Verkehrsunfall hat Marianne S. Probleme mit ihrem linken Knie. Lange Wege fallen ihr schwer, und ihr altes Fahrrad kann sie nicht mehr nutzen. Für den Kauf eines neuen reicht das Einkommen jedoch nicht.
Veröffentlicht:10.12.2015, 20:45

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Ohne großes Nachdenken zählt Marianne S. lückenlos ihre bisherigen Arbeitsstellen auf. Als Köchin hat sie so einige Hotel- und Gaststättenküchen kennengelernt. Sie habe sehr gern in ihrem Job gearbeitet, erzählt die 60-Jährige. „Köchin – das war mein Wunschberuf“, sagt sie.

Im Jahr 2001 dann der Verkehrsunfall: Ein Auto erfasst sie, als sie früh am Morgen auf dem Weg zur Arbeit war. Dreimal war ihr linkes Bein gebrochen, darunter das Sprunggelenk und das Knie, erinnert sie sich. Die Folgen spürt sie noch heute. Das Knie sei abends meist geschwollen, sagt sie. Lange Wege fallen ihr schwer.

Folgenreich war dieses Ereignis auch für ihre Arbeit. „Ich bin körperlich nicht mehr so belastbar“, erklärt die kleine, zurückhaltende Frau. Den Stress in einer À-la-Carte-Küche zu verkraften, fiel ihr immer schwerer. 2010 wurde sie arbeitslos. Neue Arbeit fand sie nicht.

Für ein Jahr bekam sie eine Stelle im Bundesfreiwilligendienst und arbeitete in der Küche einer sozialen Einrichtung. „Kochen macht mir Spaß. Und die Arbeit in so einer kleinen Küche ist längst nicht so anstrengend wie in einem Restaurant-Betrieb“, weiß sie. Als das Jahr zu Ende war, ging sie wieder in die Arbeitslosigkeit. Doch nur zu Hause sitzen, das ist nicht ihr Ding.

„Ich bin nicht der Typ dafür“, sagt sie. Die Arbeit in der Begegnungsstätte für sozial schwache Menschen hatte ihr sehr gut gefallen. Warum dort nicht ehrenamtliche Hilfe leisten, sagte sie sich. Gesagt – getan.

 Erspartes musste immer für Wichtigeres herhalten

Seit knapp einem Jahr macht sich die 60-Jährige in der Begegnungsstätte regelmäßig in der Küche nützlich. „Ich habe das Gefühl, ich werde dort gebraucht“, meint sie. Dass sie dafür in der Regel morgens um 5 Uhr aufstehen muss, stört sie nicht. Die Menschen dort schätzen nicht nur ihre Kochkünste, sondern freuen sich auch über kleine Handarbeiten, die sie für den einen oder anderen Besucher der Einrichtung anfertigt und anschließend mitbringt.

Einziges Problem für Marianne S.: Der Weg zu ihrer Ehrenamtsstelle. Wegen ihrer Knieverletzung kann sie seit einigen Wochen ihr Fahrrad, das sie schon vor vielen Jahren bekommen hat, nicht mehr nutzen. Der Rahmen sei zu hoch, sodass Auf- und Absteigen einfach nicht mehr klappen, schildert sie. Auch zu Fuß falle ihr der lange Weg zur Begegnungsstätte mittlerweile sehr schwer. Mit dem Bus zu fahren, sei für sie auf Dauer einfach zu teuer. Und ein Fahrrad mit einem tiefen Einstieg kann sie sich nicht leisten.

Sie selbst bekommt zurzeit Arbeitslosengeld II, ihr Mann hat einen 400-Euro-Job. „Ich habe schon öfter versucht, auf ein Fahrrad zu sparen. Aber immer wenn wir einen Betrag zur Seite gelegt hatten, kam etwas dazwischen“, erzählt sie. Mal ging der Kühlschrank kaputt, dann die Waschmaschine, dann war etwas anderes zu kaufen. Und die Rate für das Auto sei auch jeden Monat fällig. Ihr Mann brauche den fahrbaren Untersatz. „Ohne Auto hätte er seine Arbeit gar nicht“, erklärt Marianne S.

„Man lernt es, mit wenig Geld umzugehen. Wir haben uns eingerichtet und kommen zurecht“, sagt die grauhaarige Frau. Wann sie zuletzt in Urlaub gefahren ist? Daran kann sich Marianne S. nicht erinnern. Es sei schon sehr lange her, meint sie. Und vorsichtig lächelnd erklärt sie, dass sie mit ihrem Mann früher einmal von einem Wohnmobil geträumt hätte, mit dem sie durchs Land fahren wollten. „Aber das sind alles nur Träume“, sagt sie schnell, fast entschuldigend.