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Neue Autobahn

Ruckzuck im Auto von Berlin nach Prag

Prag / Lesedauer: 3 min

Mehr als 25 Jahre hat es gedauert: Das letzte Teilstück der Autobahn Dresden-Prag wird eröffnet. Im Böhmischen Mittelgebirge geht es durch zwei Tunnel und über fünf Brücken. Doch ist die Autobahn überhaupt sicher?
Veröffentlicht:15.12.2016, 13:32
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Es ist zwar nicht das Gotthard-Massiv, aber der Bau der durchgängigen Autobahn von Berlin über Dresden nach Prag durch das Böhmische Mittelgebirge hatte es trotzdem in sich. Vor drei Jahren hätte ein Erdrutsch beinahe alles zunichtegemacht. Am Samstag wird nun mit viel Prominenz das letzte noch fehlende Teilstück in Tschechien eröffnet – rechtzeitig vor den Festtagen.

„In diesem Jahr werden viele tschechische Autofahrer den Striezelmarkt in Dresden besuchen“, verspricht Jan Studecky, der Sprecher der Autobahndirektion RSD mit Sitz in Prag. In umgekehrter Fahrtrichtung locken die Weihnachtsmärkte Sachsen und Berliner mit Prager Schinken oder leckeren Zimtrollen.

Für Freude soll nicht nur die Zeitersparnis zwischen Lovosice und Rehlovice in Nordböhmen sorgen, die je nach Verkehrslage auf 15 bis 20 Minuten geschätzt wird. Vor allem entfällt die mühselige Umfahrung über die Ortschaften, die nicht selten im Stau endete. Darauf mussten die Autofahrer lange warten: Seit dem ersten Spatenstich sind mehr als 25 Jahre vergangen. Die ersten Planungen für eine Autobahn zwischen Prag und Dresden und Moldaumetropole gehen sogar auf das Jahr 1968 zurück.

Erdrutsch begrub fertige Fahrbahn unter sich

Manch einer fühlte sich beim Anblick der Dauerbaustelle schon an den Berliner Flughafen erinnert. Wie ein Flickenteppich wurden über die Jahre immer wieder einzelne Teilstrecken eröffnet. Im Sommer 2013 schien die Fertigstellung der letzten Kilometer in weite Ferne zu rücken, als ein Erdrutsch auf einem halben Kilometer die fertige Fahrbahn unter sich begrub.

Zuvor hatte es stark geregnet. Geschätzt eine halbe Million Tonnen Erdreich mussten abgetragen und der Hang mit Stahlseilen stabilisiert werden. Nun fragen sich viele, ob sich ein solches Unglück im laufenden Betrieb wiederholen könnte. Nein, sagt Autobahnsprecher Studecky: „Wenn der Abschnitt nicht sicher wäre, würden wir ihn nicht für die Öffentlichkeit freigeben.“

Skeptischer äußert sich der Geologe Vladimir Cajz von der Akademie der Wissenschaften in Prag. „Wenn ich in der Verantwortung wäre, hätte ich im Leben nicht erlaubt, die Autobahn in diesem Bereich zu bauen“, sagte er dem Sender CT. Er hält den Untergrund für instabil.

Zwei Tunnel und fünf Brücken auf 12 Kilometern

Der letzte Streckenabschnitt führt auf zwölf Kilometern durch zwei Tunnel und über fünf Brücken mitten durch das Böhmische Mittelgebirge. Die Kosten dafür stiegen deutlich auf rund eine halbe Milliarde Euro. Umweltschützer hatten erfolglos gegen die Trasse durch ein Landschaftsschutzgebiet geklagt.

Wenn am Sonnabend offiziell das Band durchschnitten wird, gibt es Gulaschsuppe für alle. Davon sollen vor allem die Anwohner profitieren, die jahrelang unter dem Baustellenverkehr gelitten haben. Angemeldet hat sich viel politische Prominenz, darunter Tschechiens Präsident Milos Zeman, Sachsens Landeschef Stanislaw Tillich und Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt. Ob Zeman tatsächlich mit dem Hubschrauber auf der Autobahn landet, wie er das vor einiger Zeit angekündigt hatte, wird sich zeigen.