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Feier

"Den Klang der Glocke trage ich in mir"

Borgfeld / Lesedauer: 2 min

Mit Andacht, Kammermusik und einer großen Kaffeetafel hat die Bonner Schriftstellerin Rebecca Lutter ihren 80. Geburtstag in der Kirche von Borgfeld gefeiert.
Veröffentlicht:24.08.2010, 00:00
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Nahezu 60 Personen, Verwandte aus Nah und Fern sowie Freunde und Weggefährten, waren der Einladung nach Borgfeld gefolgt. Mitglieder des Kirchenbaufördervereins im Dorf halfen bei der Organisation und hatten köstliche Torten und Kuchen für die Festgesellschaft gebacken. Als Rebecca Lutter und ihr Mann nach dem Gottesdienst, den ein Pastor von der Insel Langeoog hielt, ins Freie traten, ertönte die Kirchenglocke. Ein Augenblick zum Innehalten. "Diesen feinen, feierlichen Klang habe ich immer in mir gehabt", sagte die Jubilarin sichtlich angerührt. Auch das virtuos von einem Kölner Ensemble vorgetragene C-Dur Quintett von Franz Schubert traf ihren Nerv.

"Das ist meine Lebensmusik", erklärte sie. Rebecca Lutter ist keine Borgfelderin. Sie stammt aus dem hinterpommerschen Stolp. Auf der Flucht Anfang 1945 fand ihre Familie Aufnahme bei Gutsverwalter Reichardt in Zolkendorf. Dessen Frau Lucie war die Cousine von Rebecca Lutters Vater. So verlebte sie als junges Mädchen einige Monate in der Region. Am 29. März 1945 schließlich wurde sie in der Borgfelder Kirche konfirmiert. Ein bewegendes Ereignis "in ganz schwerer Zeit". "Und nun begehe ich an dieser Stätte meinen 80. Geburtstag. Ich bin sehr dankbar", so die Bonnerin. Die Ereignisse auf der Flucht sind auch Gegenstand in zwei ihrer Bücher: "Sommerwege unterm Schnee - eine Kindheit in Pommern" und "Bernsteinwege - Erinnerungen an Mecklenburg". Während des Einmarsches der Roten Armee hatten sich die Zolkendorfer Frauen und Kinder, unter ihnen auch Rebecca Lutter, in einem Waldversteck verborgen, das unentdeckt blieb. Die schrecklichen Dinge, die sich in Ivenack, dem Hauptgut, abspielten, aber waren ein Grund mehr für die Familie weiter westwärts bis Ostfriesland zu ziehen. Nach dem Abitur studierte Rebecca Lutter Philologie und Germanistik, arbeitete als Gymnasiallehrerin in Bochum und begann in den 80er-Jahren zu schreiben. Bekannt ist von ihr auch Lyrik.

Die Region um Borgfeld blieb für sie ein Stück Erinnerung. Fünf Mal hat sie das Dorf nach der Wende besucht, dreimal zu vom Förderverein arragierten Lesungen. Während des viertägigen Aufenthalts machte die Autorin Kinder, Enkel und Freunde mit den Stätten ihrer frühen Jugend bekannt: Ivenack zum Beispiel und das inzwischen ruinöse Verwalterhaus in Zolkendorf natürlich. Die Verwandten staunten dann auch über die kleinen Dörfer und die schöne, aber eher einsame Landschaft. Nach der Kaffeetafel machte sich die Gesellschaft auf nach Stavenhagen, wo im Hotel Kutzbach zu Abend gegessen und ganz unter dem Eindruck des Erlebten Unterhaltung gepflegt wurde. Borgfeld und seiner Kirche will die Schriftstellerin die Treue halten.