StartseiteRegionalNeubrandenburgEin Küken hält seine Pflegefamilie auf Trab

Ungewöhnlicher Nachwuchs

Ein Küken hält seine Pflegefamilie auf Trab

Rossow / Lesedauer: 3 min

In Rossow spielte sich eine kuriose Tiergeschichte ab, die fast ein tragisches Ende nahm. Denn obwohl sich eine alte Taube liebevoll um ein Hühnerei kümmerte und es ausbrütete, mussten die beiden getrennt werden. Es ging um Leben und Tod.
Veröffentlicht:19.05.2017, 15:07
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Ob aus ihm ein Hahn oder eine Henne wird, das weiß die Pflegefamilie nicht so genau. „Aber dafür, dass es ziemlich forsch ist, müsste es ein Hahn sein“, so überlegt die Rossowerin und schaut ganz verliebt das Küken an, das über den Küchentisch tippelt. An den Flügeln hat es schon ein paar Federn, aber sobald es die vertraute Stimme der Ziehmutter hört, fängt es an zu piepen.

Dass in Rossow ein kleines Küken eine ganze Familie auf Trab hält, kommt dabei nicht von ungefähr. Denn ein Dorfbewohner hat es vorbei gebracht, in der Hoffnung, dass man sich um das Küken kümmert. Er und seine Frau seien berufstätig und schafften es zeitlich nicht. Doch gehört zu einem Küken nicht eine Glucke, die eigentlich die Aufzucht übernimmt?

Alte Taube nahm sich des verwaisten Eis an

In Rossow ist dabei Kurioses passiert: „Wir haben eine ganz alte, zahme Henne und die läuft uns immer hinterher“, berichtet der Mann. Und so war ihm die Henne auch in den Taubenstall gefolgt und hat dort – von ihm unbemerkt – einfach ein Ei auf dem Boden abgelegt. Das wurde von einer Taube – ebenfalls schone eine sehr alte – gefunden. „Sie hat ein Nest drum herum gebaut“, so der Taubenfreund, der sie gewähren ließ. Normalerweise schlüpften Taubenküken aber nach etwa 17 bis 19 Tagen. Bei Hühnern dauere es länger. Doch die Tauben-Dame habe sich nicht beirren lassen, auch wenn sie letztlich vier Wochen auf dem Nest saß und geduldig auf das Schlüpfen des Nachwuchses, der nicht ihrer war, wartete.

Doch dann nahm die tierische Tragödie ihren Lauf: Tauben füttern laut den Erläuterungen des Taubenfreundes ihren Nachwuchs mit der sogenannten Kropfmilch, auch Taubenmilch genannt. Doch was gut für Taubenküken ist, ist es nicht gleichzeitig auch für ein Hühnerküken, wie der Mann weiter erzählt. Vielmehr müsste das Küken von der Mutter lernen, wie man pickt und scharrt.

Doch Fehlanzeige im Taubenstall. Das Küken drohte gar zu verhungern. Somit mussten Taube und Hühnerküken getrennt werden, was gar nicht so einfach gewesen sein soll. „Die Taube hat ihr Küken aber verteidigt“, erinnert er sich weiter. Doch es half nichts. Um das Küken zu retten, brauchte es besondere Pflege und Aufmerksamkeit. Beides fand er bei den Nachbarn, „die ein schönes Herz haben“, so der Taubenbesitzer, der das Hühnerküken in Obhut geben konnte.

Zum Kuscheln geht es in eine graue Wollsocke

Nun pickt und scharrt das offenbar kecke Küken mitunter selbst auf dem Küchentisch seiner Pflegefamilie. Eine Glucke gibt es derzeit nicht auf dem Hof, diesen Job hat die Familie übernommen. Sie hat sogar eine graue Wollsocke aufgetrieben, in die sich das Küken kuscheln kann.

Wenn alle Familienmitglieder übrigens fertig gefrühstückt haben, darf es gar die restlichen Körner, die von den Brötchen abgefallen sind, vom Teller picken, berichtet die Pflegefamilie, die dem Küken den Namen „Loki“ gegeben hat. Sie muss dem kleinen Kerl – so es ein Kerl ist – alles beibringen.

Dafür legen sie dem Küken, das draußen auch einen kleinen Auslauf hat, zum Beispiel ein bisschen Erde hin und wühlen mit dem Finger herum, um zu zeigen, wie scharren geht. Außerdem hat die Familie dem Küken dabei auch zwei kleine Würmer untergejubelt, damit es lernt, was sich alles Leckeres in der Erde finden lässt.