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Mehr als 1000 Uhren

Ein Marathon zur Zeitumstellung

Neubrandenburg / Lesedauer: 4 min

Der Wechsel von Winter- und Sommerzeit ist oftmals nicht nur eine Belastung für den Körper, sondern kann mitunter auch in ordentlich Stress ausarten. Ein Neubrandenburger Uhrenhändler kann davon ein Liedchen singen.
Veröffentlicht:25.03.2017, 08:00

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Wer sein Refugium betritt, taucht ein in eine unruhige Welt: Horst Wollmuth ist Uhrmacher-Meister durch und durch und sein Umfeld hat einen gehörigen Tick. Wohin man blickt, sieht man Zeitmesser in allen Formen, Farben und Größen. Dazu gesellt sich ein schier unüberhörbarer Kanon tickender Zeiger.

Doch alle halbe Jahre wartet eine Mammutaufgabe auf den Herrn der Uhren, denn aufgrund der Zeitumstellung muss er mächtig am Zeiger drehen. Aus der Ruhe bringt ihn das allerdings nicht, da er dieses Prozedere bereits seit der Einführung der Sommerzeit im Jahre 1980 nahezu verinnerlicht hat. Und trotzdem, ohne eine vernünftige Planung würde er diesen stets wiederkehrenden Stichtag nie einhalten können.

Umstellen hat schon vor zwei Wochen begonnen

„Schließlich sind es mehr als 1000 Uhren, die es zu stellen gilt – und das zweimal im Jahr“, erklärt Horst Wollmuth und nickt bedächtig. Dies würde man niemals an einem Tag schaffen und daher müsse das Stellen der Zeitmesser auf mehrere Tage verteilt werden, wie er sagt. Bereits vor zwei Wochen hat der Inhaber, des Uhren- und Schmuckgeschäfts in der Großen Wollweberstraße 9, mit der Arbeit begonnen, einen Großteil seiner Auslage auf die bevorstehende Sommerzeit vorzubereiten.

Dabei ist Uhr nicht gleich Uhr. Bei analogen Zeiger-Uhren reicht meist ein Dreh an der Krone und schon stimmt die Zeit. Digitaluhren sind da schon ein ganz anderes Kaliber. „Da gibt es meist mehrere Knöpfe, die man manchmal bis zu achtmal drücken muss, ehe man die Uhrzeit verstellen kann“, so der 58-Jährige.

Kuckuckusuhren von heute tröten auch mal

Als sich Horst Wollmuth Mitte der 1970er-Jahre dazu entschloss, Uhrmacher zu werden, war diese Sisyphusarbeit jedoch noch nicht absehbar. Aus Liebe zur Mechanik begann er damals seine Ausbildung und kümmerte sich anfangs lediglich um die Reparatur von Uhren. Unruh, Anker, Gangrad und Zugfeder – alles zigfach aus- und wieder eingebaut.

„Es gibt mittlerweile sogar Uhren-Typen, die ich mit verbundenen Augen zerlegen und zusammensetzen kann“, beteuert er und nickt entschlossen. Allerdings seien viele Modelle relativ baugleich und hätten ein Standard-Uhrwerk, was die Arbeit merklich erleichtern würde, offenbart der Experte augenzwinkernd.

Mit dem Fall der Mauer wagte Horst Wollmuth den Schritt in die Selbstständigkeit und sein Sortiment wuchs. Gab es zu DDR-Zeiten nur wenig Abwechslung bei den Zeitmessern, wurden die Auslagen über die Folgezeit immer bunter und abwechslungsreicher.

Doch die Klassiker blieben. „Auch wenn der Nordosten nicht die typische Region dafür ist, verkaufen wir noch immer die traditionellen Kuckucksuhren – aus dem Schwarzwald“, sagt der Uhrmacher. Wie auf Kommando macht sich eine rosafarbene Uhr bemerkbar. Anstelle eines Vogels verkündet jedoch ein Elefant die volle Stunde – mit einem trompetenden Törööö. Sein Fall sei das zwar nicht, aber das Interesse bestehe nun mal, weiß er.

Den Nachfolger schon im Blick

Seine ruhige Hand und sein Fachwissen haben dem Uhrmachermeister mittlerweile einen kompetenten Ruf verschafft. So kommt es gelegentlich vor, dass er auch mit hochpreisigen Uhren zu tun hat. Scheu vor dem Wert ist ihm indessen fremd. „Für die teuerste Uhr hätte man getrost einen Kleinwagen kaufen können, aber trotzdem habe ich sie ohne große Mühe repariert“, so der Geschäftsinhaber.

Über die Zukunft seiner Branche macht sich der 58-jährige Neubrandenburger keine Sorgen. „Zwar verkaufen viele Geschäfte Uhren, aber repariert werden sie dort nur noch selten und daher mangelt es nicht an Arbeit“, weiß Horst Wollmuth.

Allerdings ist die Rente auch für ihn nicht mehr fern und so setzt er voll und ganz auf den Nachwuchs. „Wir haben zwar noch nicht darüber gesprochen, aber ich hoffe, dass mein Sohn Holger das Geschäft übernimmt.“ Selbst Uhrmacher, habe er dafür zumindest die besten Voraussetzungen – zumal er bereits Seite an Seite mit seinem Vater arbeite.