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Zu Besuch beim Fischzüchter

Neubrandenburg / Lesedauer: 4 min

Maik Schultz arbeitet in Boek als „Kindergärtner“ für ganz besonderen Nachwuchs. Seine Schützlinge sind silbrig und haben Schuppen. Schultz sorgt für Maränen-Nachschub für den Tollensesee.
Veröffentlicht:04.07.2013, 14:41
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Er sieht jeden Tag nach ihnen, ist um ihr Wohlbefinden besorgt, tut alles, damit es ihnen gut geht und sie es wohlig angenehm haben. Fischzüchter Maik Schultz fühlt sich als Kindergärtner über seine Millionen Schützlinge im Bruthaus Boek.

In 80 großen Zugergläsern wabern orangefarbene Maränen-Eier aus dem Neubrandenburger Tollensesee. Sie werden sekündlich mit Frischwasser versorgt und ein wenig aufgewirbelt, damit die Sauerstoffzufuhr stets in Gang bleibt.

Und regelmäßig nimmt Maik Schultz die selbst gesuchte Schwanenfeder, die an einem Stock befestigt ist – der Eigenbau war eine Idee von Schultz‘ Vater – zur Hand und rührt vorsichtig um. Kein Ei soll im besten Fall zerdrückt werden, zumindest kein gesundes. Die abgestorbenen oder am Ende doch nicht befruchteten sind weiß und schwimmen zumeist oben.

Fangfrisch: So sehen die Maränen aus, wenn sie aus dem Tollensesee kommen. Vorher waren sie meist im Boeker Bruthaus, damit aus ihnen diese ansehnlichen Exemplare werden.
Fangfrisch: So sehen die Maränen aus, wenn sie aus dem Tollensesee kommen. Vorher waren sie meist im Boeker Bruthaus, damit aus ihnen diese ansehnlichen Exemplare werden. (Foto: Paulina Jasmer)

Geschlüpfte Maränen werden beutelweise freigelassen

Mitte Dezember laichen die Fische, und die Eier der Maränen-Weibchen werden durch die Tollensefischer abgestrichen und vor Ort – am Oberbach – befruchtet. Das ist nicht immer von Erfolg gekrönt, wie Maik Schultz meint. Er kennt sich mit seinen 46 Jahren aus, ist er doch immer schon mit seinem Vater mitgegangen, der einst das Bruthaus in Boek 1965 mit aufbaute. Es herrschen darin vielleicht zwei bis drei Grad, und auch das Wasser ist nicht viel wärmer. Es ist genauso kalt wie im Tollensesee um diese Zeit. Das ist auch gut so, sonst würden die Eier zu schnell heranwachsen. Die geschlüpften Maränen mit ihrem Dottersack sollen erst zu Ostern in den Tollensesee ausgesetzt werden.

Mit einem Boot fahren die Fischer dann an eine tiefe Stelle im See und lassen die geschlüpften Maränen beutelweise frei. In einem Beutel finden sich locker 200 000 Maränen, die dann in die große Welt entlassen werden und sich als Schwarm durchboxen müssen. Das schaffen aber nicht alle, die Natur hat eben ihre eigenen Gesetze.

Mit dem Bruthaus in Boek der Fischerei Müritz-Plau GmbH soll der Nachwuchs an Fischen in den hiesigen Gewässern sichergestellt werden. „Wir wollen nicht nur rausfangen, sondern den Bestand schützen und stabil halten“, sagt Maik Schultz. Mit einer Erfolgsquote von 60 bis 70 Prozent kann das Bruthaus aufwarten – zum Glück, denn die Nachfrage an Maränen und Co. sei groß, erklärt der Fischzüchter.
Und diese Zucht bedarf einer großen Fürsorge, die Maik Schultz nur zu gern auslebt: Mehrmals am Tag saugt er die Zugergläser ab, damit die abgestorbenen Eier herauskommen. Sie nehmen den gesunden Eiern sonst den Raum oder infizieren sie womöglich mit einem Pilz, der im Glas dann sein Unwesen treibt.

Mit einer Kelle schöpft der Fischzüchter die gesunden Eier wieder ins Glas zurück.
Mit einer Kelle schöpft der Fischzüchter die gesunden Eier wieder ins Glas zurück. (Foto: Paulina Jasmer)

Fischeier sehen wie kleine Perlen aus

„Ich muss die Gläser also sauber machen“, sagt der Züchter. Es sei so wie mit kleinen Kindern, die man schließlich auch nicht ewig in ihren Windeln liegen lasse. Da müsse alles seine Ordnung haben und sauber sein. Es macht Maik Schultz Spaß, die Tiere aufwachsen zu sehen. „Ich behüte sie wie Kinder“, gibt er selbst zu.

Zu seinen Aufgaben gehört dann auch das Sieben. Damit soll verhindert werden, dass die Eier verklumpen und dass die, die in der Mitte liegen, nicht genügend Sauerstoff erhalten und dann absterben könnten. „Das ist ein bisschen wie Gold schürfen“, vergleicht der 46-Jährige, als er die auseinandergelösten und gesunden Eier daraufhin behutsam mit einer Kelle wieder zurück ins Glas schöpft. Wie kleine Perlen sehen sie aus.

Freie Zeit hat Maik Schultz nun kaum, denn die Eier in ihrer Kinderstube brauchen rund um die Uhr Pflege. Es gibt zwar keine Nachtschicht, aber morgens muss er früh raus und nachsehen, ob es seine Schützlingen auch gemütlich und komfortabel haben. Als „Kindergärtner“ hat man eine große Verantwortung gegenüber dem Nachwuchs, der schließlich bestens vorbereitet in die Erwachsenenwelt des Tollensesees entlassen werden soll.