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Findlingsklau verärgert Umweltschützerin

Biotop verschwindet Stein um Stein

Holzendorf / Lesedauer: 3 min

Angehäuftes Gestein an Feldrändern bietet seltenen Tier- und Pflanzenarten einen Lebensraum. Daher fallen solche Steinhaufen meist unter den gesetzlichen Biotopschutz. Bei Holzendorf sind nun ganze Wagenladungen an Felsbrocken spurlos verschwunden.
Veröffentlicht:22.02.2015, 15:13

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Ein einziger Findling stellt den kläglichen Rest dar. Ein großer Steinhaufen an der Autobahnabfahrt bei Holzendorf ist komplett abgetragen worden. Wer nun denkt, die toten Steine seien ja eh zu nichts nütze gewesen, der irrt. Denn in so einem Gebilde pocht das pure Leben. „Der Steinhaufen hatte sich zu einem wichtigen Biotop entwickelt“, erklärt Christa Hamann aus Holzendorf. Mit Schrecken hat die 63-jährige Naturliebhaberin und Hobby-Ornithologin auf einem ihrer jüngsten Winterspaziergänge festgestellt, dass fast alle Findlinge verschwunden sind.

Beim Bau der Autobahn müssen die großen Brocken auf dem Gelände zwischen der Landesstraße, dem Abzweig nach Lindow und der Autobahn angehäuft worden sein. Nicht nur, dass es eiszeitliche Zeugnisse aus der Landschaft waren, sie boten auch der Flora und Fauna einen Raum. „Ich habe hier schon Vogelarten wie Goldammer, Steinschmätzer oder Neuntöter beobachtet“, erzählt Christa Hamann. Auch Eidechsen fühlten sich dort pudelwohl.

Schulterzucken bei den Behörden

Von den Behörden war außer Schulterzucken zum Vorfall nicht viel zu erfahren. Wer die Steine abholen ließ und warum und wo sie schließlich gelandet sind, war im Gespräch zwischen Straßenbauamt Neustrelitz, der Autobahnmeisterei Glienke und dem Landkreis Mecklenburgische Seenplatte jedenfalls nicht zu klären. „Es wurden wohl immer mal wieder Steine abgeholt“, erklärt Hans-Joachim Conrad vom Straßenbauamt Neustrelitz. Zuständig sei aber die Autobahnmeisterei.

Die wiederum verweist an den Landkreis, der sich allerdings auch nicht so richtig zuständig fühlt. „Es ist üblich, dass solche Zwischenlagerstellen beim Straßenbau entstehen“, erklärt Pressesprecherin Annett Thurm. Der Steinhaufen sei laut Umweltamt seinerzeit jedenfalls nicht als geschütztes Biotop angelegt worden, sagt Thurm. Ob die Steine nun von offizieller Seite abgeholt wurden oder sich hier jeder bedienen durfte, der es wollte, war abschließend nicht zu klären.

Steinhaufen fallen unter Biotopschutz

Mit dieser Aussage will sich Crista Hamann aber nicht zufrieden geben. „Man hat sich doch sicher etwas dabei gedacht als damals die Steine hier angesammelt wurden.“ Zudem kann sie sich nicht vorstellen, dass es erlaubt ist, einfach so Findlinge aus der Landschaft abzufahren.

Ist es auch nicht, heißt es vom Naturschutzbund Deutschland (BUND). Wie der Zufall es will, hat der BUND in Mecklenburg-Vorpommern den sogenannten Lesesteinhaufen zum Biotop des Monats Februar erklärt. „Gerne werden die Steine am Feldrand abgetragen und für den Eigenbedarf kostengünstig verwendet. Kaum einer aber weiß, dass Lesesteinhaufen, sobald sie Bestandteil einer naturnahen Feldhecke sind, unter den gesetzlichen Biotopschutz in Mecklenburg-Vorpommern fallen“, erklärt Naturschutzexpertin Janine Wilken vom BUND.