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Der einzige Salzheilstollen in Westeuropa

Berchtesgaden / Lesedauer: 3 min

Das Salzbergwerk Berchtesgaden feiert 500. Geburtstag. Dort wartet die ganz große Ruhe. Und die Region um das mystische Bergwerk hat noch viel mehr zu bieten.
Veröffentlicht:26.02.2017, 18:14
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In dem schwarzen Schutzanzug mit weißen Warnstreifen kommt man sich vor wie ein Grubenarbeiter. Auf zur Grubenbahn. Die kleine grüne Elektrobahn fährt 650 Meter in den Berg hinein. Kurz ein Stück zu Fuß, dann auf einer Holzrutsche weitere 34 Meter hinab. Das Salzbergwerk Berchtesgaden ist das älteste aktive Bergwerk Deutschlands – und bietet Einblick in 500 Jahre Geschichte.

Im Jahr 1517 wurde der erste Stollen angeschlagen. Heute arbeiten noch 50 aktive Bergleute unter Tage, weiß Peter Botzleiner-Reber, Tourismus-Leiter beim Salzbergwerk. Kein Vergleich zu den rund 360.000 Besuchern pro Jahr.

Eine Gewissheit gibt es: Salz ist kostbar

Die Zeitreise unter Tage führt zum Spiegelsee, der einen Salzgehalt von knapp 30 Prozent zu bieten hat. Im Gegensatz dazu haben Ozeane etwa drei bis vier. Auf eine mystische Floßfahrt folgt mehr Wissenswertes zu Salzentstehung, Bergknappenuniformen mit „Arschleder“ und Schachthut, großen Maschinen, endlosen Pipelines und Wetterschächten. Noch eine Rutsche und ein Aufzug. Schon spuckt die Grubenbahn die Freizeitbergleute wieder aus. Die vielen Informationen verdichten sich zu einer Gewissheit: Salz ist kostbar.

Weniger abenteuerlich, aber nicht weniger schön, ist ein Besuch im Salzheilstollen des Bergwerks. Der wurde 1990 für die Behandlung von Atemwegsbeschwerden gebaut. Mit Kuscheldecke geht es auf eine der rund 70 Liegen am Solebrunnen. 14 Grad hat der Heilstollen, immer. Kleine Lichtquellen schimmern gelb und rot. Wärmflasche? Danke, gern.

Tiefenentspannung und ein Getränk wie kalte Bouillon

Es folgt Tiefenentspannung. Wasserrauschen, Sphärenklänge. So mancher muss sanft am Schnarchen gehindert werden. Strecken, aufstehen. Ein Glas Wasser mit Sole. Wie Bouillon, nur kalt. Neben Entspannungs- gibt es Gesundheitseinfahrten. „Als unterstützende Therapie“, sagt Jan von Werthern vom Heilstollen-Marketing. Abgeschirmt vor Elektrosmog unter Tonnen reinem Steinsalz ist die Luft fühlbar pollenfrei.

Durchatmen geht in Berchtesgaden auch außerhalb des Heilstollens. „Wen Gott liebt, den lässt er fallen in dieses Land“, schrieb der Schriftsteller Ludwig Ganghofer einst. Gott und Engelbert Aigner dürften sich einig sein. Das Berchtesgadener Land – für Aigner ist es Heimat, Brauchtum, Kultur und Leben. „Total verwurzelt“ sei er mit seiner Region.

Ältestes Salzbergwerk und älteste Enzianbrennerei

Die Tradition lebt auch in der ältesten Enzianbrennerei Deutschlands, die kostenlose Brennereiführungen, hochprozentige Kostproben und eine Museumsbrennhütte bietet. Seit 1692 hat man bei Grassl Brennrecht auf Wacholder, Enzian und Meisterwurz. Ein Teil des Sortiments wird im Tal und vieles auf Brennhütten erzeugt, in denen so mancher Wanderer sich Kostproben mitnimmt.

Inmitten einer der Hütten zündet Bergbrenner Hubert Ilsanker gerade Holz unter einem Kupferkessel an. Ein Auszug aus Lavendel, Zitrone, Wacholder, Gebirgswasser und geheimen Zutaten gärt daneben. Gin ist der neuste Coup der Gebrüder Martin und Florian Beierl, die bei Grassl die Geschäfte lenken.

Destillateur Florian Beierl ist auch Historiker. Er hat ein Buch geschrieben über den Berchtesgadener Obersalzberg, der zwischen 1923 und 1945 vom Bergbauern-Idyll zum Führersperrgebiet wurde.

Gekochtes und Gebratenes aus 150 Jahre altem Holzofen

Reminiszenz dieser Zeit ist das Kehlsteinhaus auf 1834 Metern Höhe. Eine Sonderbuslinie überbrückt
800 Meter Höhenunterschied zu dem früheren Repräsentationsgebäude der NSDAP, das Adolf Hitler zum 50. Geburtstag bekam. Dem Felsen abgerungen bringt ein Aufzug aus hochpoliertem Messing heutzutage Touristen im Minutentakt zum „Adlerhorst“.

Einkehr im „Gasthof Auzinger“ direkt am Nationalpark in Ramsau. Es gibt Gekochtes und Gebratenes aus einem 150 Jahre alten Holzofen – und die ungewöhnlich musikalische Wirtsfamilie Hillebrand. An Silvester spielt sie für die Gäste auf – vom Seniorchef bis zum Enkelkind. Das ist noch so eine Tradition im Berchtesgadener Land.