StartseiteSportDer rastlose Box-Guru tritt auch mit 75 nicht kürzer

Ulli Wegner feiert Geburtsag

Der rastlose Box-Guru tritt auch mit 75 nicht kürzer

Hamburg / Lesedauer: 4 min

Boxen ohne den Kulttrainer ist nicht vorstellbar. Reihenweise hat er Weltmeister produziert. Jetzt feiert der Coach, den die Fans im Nordosten bestens kennen, ein Jubiläum. An seinem Ehrentag arbeitet er aber. Kurz gefeiert wird jedoch auch – in Sofia.
Veröffentlicht:24.04.2017, 18:44
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Mit 75 Jahren züchtet man Rosen, ärgert sich über Pfeifgeräusche im Hörgerät und freut sich auf Volksmusiksendungen im Fernsehen. Für Ulli Wegner, den bekannten Boxtrainer, sind diese Vorstellungen Horror. Morgen wird er 75 Jahre alt.

Aber mit Ruhestand und Müßiggang will der gebürtige Stettiner partout nichts zu tun haben. Wegner braucht Wirbel um sich, und vor allem braucht er Leute, denen er sagen kann, wo es langgeht. Und das schon seit 45 Jahren. Zu Hause klappt das nicht ganz so. Da hat seine sechs Jahre jüngere Ehefrau Margret das Kommando. „Aber meine Frau ist mein größtes Geschenk“, schwärmt Wegner.

Der rastlose Trainer ist in seinem Universum, in dem die Fäuste fliegen, eine Institution, eine lebende Legende. „Er hat im deutschen Boxen für große Erfolge gesorgt“, sagt Manager Wilfried Sauerland, der den früheren Amateurcoach 1996 zu den Profis holte. Wegner machte Sven Ottke, Markus Beyer, Arthur Abraham, Marco Huck, Juan Pablo Hernandez, Cecilia Braekhus und Jack Culcay zu Weltmeistern.

Für jeden Typen die richtige Ansprache

Der diplomierte DDR-Sportlehrer wurde selbst zum Star. Unüberhörbar sein Markenzeichen: die kratzige Stimme. Unverzichtbar seine kauzigen Ansprachen in den Ringpausen, wenn er seine Schützlinge zu motivieren versucht. „Ich weiß, wie ich meine Pappenheimer nehmen muss“, sagt Wegner. Der eine wird verbal gestreichelt, der andere beschimpft, der nächste provoziert. Zumeist klappt es und die Burschen machen, was der Trainer-Guru will.

„Ich kann in die Seele der Jungs gucken“, meint der dreifache Vater. „Mir macht keiner was vor.“ Für Ex-Champion Sven Ottke war Wegner schlicht ein Diktator. Der Kulttrainer nimmt das Urteil als Anerkennung. „Im Leistungssport ist kein Platz für Demokratie. Ich bin der Bestimmer“, lautet seine
Lebensmaxime.

In Erfurt gab es das erste Ständchen für Wegner

Schon vier Tage vor dem 75. Jubiläum sangen 6000 Box-Fans ein Ständchen für den Coach. Das war in der Erfurter Messehalle, wo er Arthur Abraham zum deutlichen Punktsieg über Robin Krasniqi aus dem Magdeburger SES-Stall führte. Im Anschluss war eigentlich Ostsee-Urlaub mit Geburtstagsparty geplant.

Denkste! Wegner bereitet Kubrat Pulew auf einen WM-Ausscheidungskampf vor, der am nächsten Freitag in Bulgarien stattfindet. „Wir feiern ein bisschen in Sofia“, erklärt Wegner. Seine Frau Margret und Freunde werden ihn begleiten.

Überhaupt steht Pulew für ein Thema, das Wegner umtreibt. „Ich möchte einen Weltmeister im Schwergewicht haben. Das ist mein Wunsch“, verrät er. Die Königsklasse reizt ihn. Denn international liegt der Fokus auf dem höchsten Gewichtslimit. Ob der Ex-Europameister Pulew ihm den Wunsch erfüllen kann, ist ungewiss.

Innige Verbundenheit zu Mecklenburg-Vorpommern

Die Bedingungen von einst, als ARD und ZDF Boxställen stattliche Summen für TV-Verträge überwiesen, sind längst vorbei. Heute müssen sich Trainer immer häufiger von den Einnahmen ihrer Boxer bezahlen lassen. Sein Vertrag bei Sauerland läuft bis Jahresende.

„Vielleicht verlängern wir noch mal um ein halbes Jahr“, sagte Wilfried Sauerland. Dem Grandseigneur des deutschen Boxens verriet er: „Irgendwann muss Schluss sein.“ Noch aber will der Trainer mit jungen Boxern im Berliner Gym arbeiten. Sauerland: „Ulli kann nicht stillsitzen.“

Im Januar dieses Jahres fungierte der Promi als Schirmherr des Fußball-Knabenturniers des Nordkurier im Neubrandenburger Jahnsportforum. „Ich habe die Aufgabe gern übernommen, denn es gibt in ganz Mecklenburg-Vorpommern kaum einen Sportplatz auf dem ich nicht als Schüler oder in der B- und A-Jugend erst für Traktor Penkun und später für Traktor Anklam und bei den Männern für Vorwärts Rostock gespielt habe“, sagt der Jubilar und verhehlt nicht seine innige Verbundenheit zu Mecklenburg-Vorpommern.