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Soldaten in der Kritik

In Uniform verreist er nie wieder

Torgelow / Lesedauer: 3 min

Die Bundeswehr verlässt Afghanistan. Ein Soldat und eine Sanitäterin aus Torgelow, die in Kunduz stationiert waren, erzählen, warum sie in der Heimat mit Anfeindungen zu kämpfen haben.
Veröffentlicht:18.11.2013, 08:00
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Die Heimat hat einen Geschmack, es ist der von Tomatensauce mit Wiener Würstchen. Wenn dazu die Spaghetti auf dem Teller dampften, sagt Steffi Schenke, fühlte sich das an wie zu Hause. Bloß: Dieses Zuhause lag Tausende Kilometer entfernt.

"Das ist wie ein Schlag ins Gesicht"

Sechs Monate waren die Sanitäterin Steffi Schenke aus Torgelow und ihr Freund, der Berufssoldat Stephan Matz, im Bundeswehr-Camp in Kunduz stationiert. Vor wenigen Wochen haben die deutschen Soldaten dieses Lager geräumt. Was geht den beiden durch den Kopf, wenn sie die Bilder des Abzugs ihrer Kameraden sehen? „Jetzt das Land zu verlassen, ist überhastet“, sagt der 32-jährige Matz. Die Sicherheitslage habe sich zwar nach mehreren Offensiven 2009 und 2010 stabilisiert. Aber die Taliban warteten nur auf die Gelegenheit, sich wieder auszubreiten, fürchtet Matz. Was die Bundeswehr erreicht habe, stehe auf dem Spiel: „Das ist wie ein Schlag ins Gesicht für die Soldaten, die dort gekämpft haben.“

Rückblende: Bei einem Bundeswehr-Lehrgang 2011 sahen sich Matz und Schenke zum ersten Mal und waren ruckzuck verliebt. Sie zogen wenige Monate später zusammen in den Einsatz. „Wir bekamen eine Stube zu zweit, da hatten wir Glück“, sagt Matz. Gemeinsam gaben sie sich Halt, teilten den Schrecken, wenn die Taliban das Kontingent während der Patrouille unter Beschuss genommen hatten.

Anfang 2012 kehrten die beiden nach Torgelow zurück. Am 14. Dezember wollen sie nun heiraten. Viel Zeit bleibt nicht, denn im Januar muss Schenke wieder in den Einsatz – diesmal alleine, ins Lager Mazar-e Sharif.

Meist Gleichgültigkeit, manchmal offene Ablehnung

Beide beklagen sie: Wer als Soldat mit Deutschen über den Afghanistan-Krieg spricht, dem schlägt meist Gleichgültigkeit, manchmal offene Ablehnung entgegen. Das mussten die beiden auch jüngst bei einer Benefiz-Veranstaltung im Vorfeld der Bambi-Verleihung in Berlin erleben, für die sie Karten gewonnen hatten. Gemeinsam mit Fernsehstars liefen die Torgelower über den roten Teppich. Steffi Schenke: „Das war der Wahnsinn“. Matz hatte sich die gelbe Schleife an den Anzug gesteckt, die für Solidarität mit den Soldaten im Einsatz steht. Er wollte mit Promis darüber ins Gespräch kommen. „Einige haben mein Anliegen auch voll unterstützt“, sagt Matz. Von Moderator Joko Winterscheidt dagegen gab es eine klare Abfuhr, als Matz ihn fragte, ob er sich nicht mal vorstellen könnte, die Soldaten in Afghanistan zu besuchen.

Der Berufssoldat ist solche Reaktionen gewohnt: Einmal fuhr er in Uniform mit dem Zug zum Kölner Flughafen. „,Mörder‘ war noch eine der netteren Beschimpfungen“, erinnert sich der 32-Jährige. Den Fehler, in Uniform zu verreisen, begeht er nicht noch einmal.