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Schweinezucht

Ein Jahr nach dem Großbrand in der Ferkelfabrik – wie geht’s weiter?

Alt Tellin / Lesedauer: 4 min

Während die Ursache für den Brand der Schweinezuchtanlage Alt Tellin noch unklar ist, suchen Gemeinde und Betreiber gerade einen schnellst-möglichen Gesprächstermin zur Zukunft des Areals. Parallel dazu laufen die Vorbereitungen für eine große Mahnwache zum Jahrestag der Katastrophe.
Veröffentlicht:03.03.2022, 18:09

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„Solange sie nicht genau wissen, was die Ursache ist, gibt es keine genaue Planung für dieses Objekt.“ Das berichtete Bürgermeister Frank Karstädt jetzt seiner Gemeindevertretung und berief sich auf ein am Nachmittag geführtes Gespräch mit der Pressestelle jener LFD-Holding, die Betreiberin der Schweinezucht Alt Tellin ist. Also jener einst größten Ferkelfabrik Europas, deren Stallkomplex am 30. März 2021 komplett niederbrannte, verbunden mit dem Tod von weit mehr als 50 000 Tieren. Demnach habe auch das Unternehmen nur aus den Medien erfahren, dass die Sachverständigen inzwischen nicht mehr von einem technischen Defekt als Auslöser für diese Katastrophe ausgehen, sondern von Brandstiftung. Ob fahrlässig oder mutwillig, diese Frage blieb bei den Stellungnahmen von Polizei und Staatsanwaltschaft bisher aber offen.

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Zukunftsaussichten sind Thema

Gleichwohl scheint die Firma längst Sondierungen zu den Zukunftsaussichten für das rund 20 Hektar umfassende Betriebsgelände auf der Ackerfläche nahe dem Jarmener Ortsteil Neu Plötz vorzunehmen. Und dazu auch mit dem jetzt als Ministerium für Klimaschutz, Landwirtschaft, ländliche Räume und Umwelt geführten Fachressort der Regierung Mecklenburg-Vorpommerns in Kontakt zu stehen. Vom Büro des Langzeitministers Till Backhaus (SPD) habe die LFD die Empfehlung erhalten, sich gleichfalls noch mal mit Vertretern der Gemeinde Alt Tellin zusammenzusetzen, um das Ganze vor Ort zu erörtern, übermittelte Karstädt. „Der Termin soll möglichst noch vor Ostern stattfinden.“ Wobei das Dorfoberhaupt darauf hinwies, dass die Kommune wohl nur ein geringes Mitspracherecht besitze. Und das auch nur, wenn die Anlage nicht genauso wie vorher wieder aufgebaut werde. Wovon aber angesichts der heutigen Rahmenbedingungen bisher niemand ausgeht.

Welche Chancen haben Wünsche der Gemeinde?

„Das Genehmigungsverfahren läuft über den Landkreis, wenn das über ein Sonderverfahren geht, dann über das Land und Ministerium“, erläuterte Karsten Windmüller vom Bauamt der Stadtverwaltung Jarmen den Abgeordneten. „Wir werden dabei aber nur nach dem gemeindlichen Einvernehmen gefragt, das ist aber nicht bindend.“ Sprich einen Anspruch, dass die Wünsche von vor Ort Beachtung finden, gibt es nicht. Das biete zumindest den Vorteil, dass für spätere Folgen nur andere haftbar gemacht werden könnten, fügte er fast schon sarkastisch klingend hinzu. Schließlich habe es von den hiesigen Feuerwehr-Experten ja im Genehmigungsverfahren durchaus Einwände bei der Brandschutzplanung gegeben, erinnerte der Mann aus dem Rathaus, selbst Mitglied der Löschtruppe. „Aber das hat letzten Endes den Schweinen ja nichts geholfen.“

Mit und ohne Vorbehalte

Beim Umgang mit der LFD unterscheiden sich die Meinungen innerhalb der Gemeindevertretung derweil durchaus. Denn nicht jeder traut sich hundertprozentig zu, angesichts der Haltungsbedingungen in dem Komplex und der Brandkatastrophe völlig vorbehaltlos in das Gespräch zu gehen. „Von dem, was diese Firma hier angerichtet hat, das war schon der Hammer“, äußerte etwa Susanne Wiest. Während der Bürgermeister mahnte, den Lokaltermin möglichst unvoreingenommen in Angriff zu nehmen. „Denn die sind schon gewillt, sich mit uns abzustimmen. Und das ist zu damals schon ein Gewinn.“

Bundesminister zu Mahnwache eingeladen

Beim Agieren des nach dem Brand gebildeten Aktionskreises Alt Tellin dürfte hingegen kaum solche Neutralität zu erwarten sein, vermutet die Gemeindevertretung. Das Bündnis ist maßgeblich an der Aufrechterhaltung der montäglichen Mahnwache vor dem Schweinezuchtgelände beteiligt und will diese genau am Jahrestag der Katastrophe, einem Mittwoch, zu einer größeren Veranstaltung unter dem Motto „Herzen auf – Tierfabriken zu“ ausweiten. Einladungen dafür gingen unter anderem an den neuen Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne), Landesagrarminister Backhaus und Landrat Michael Sack (CDU).

Tierschutzbund ist dabei

Während das Erscheinen und eine Ansprache von Thomas Schröder als Präsident des Deutschen Tierschutzbundes wohl bereits feststeht, ließ Bürgermeister Karstädt eine Teilnahme offen. Auf keinen Fall jedoch werde er dort eine Rede halten, machte das Dorfoberhaupt klar. „Wir als Gemeinde haben uns ja eindeutig dazu positioniert.“ Damit meinte er die unmissverständlichen Beschlüsse der Abgeordnetenrunde vom Frühjahr 2021, in denen ein Wiederaufbau der Anlage abgelehnt und eine Entziehung beziehungsweise ein Widerruf der Betriebserlaubnis für den Betreiber gefordert wird.