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Rückblick

Ein Jahr im Landtag – wo ist die Wut hin, Marcel Falk?

Anklam / Lesedauer: 5 min

Ein Jahr sitzt der SPD-Abgeordnete Marcel Falk schon für die Vorpommern im Landtag. Im Gespräch schaut er auf die bisherige Zeit in Schwerin – und seine Ziele.
Veröffentlicht:26.11.2022, 06:25

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Als „starke Stimme des Peenetals” wollte Marcel Falk in den Landtag einziehen. Als „Wut von der Peene” wurde er bisweilen auch schon mal betitelt. Nun ist der ehrenamtliche Stolper Bürgermeister seit gut einem Jahr hauptberuflich SPD-Landespolitiker.

Anstatt, wie im Wahlkampf angekündigt, ein Abgeordnetenbüro in Anklam zu eröffnen, sitzen seine Mitarbeiter indessen im Stolper Dörphus. Falk selbst ist häufig in Schwerin unterwegs und mitunter könnte man meinen, nicht nur die Wut sei verdampft, sondern auch die Stimme mittlerweile etwas verstummt. Ist es also leichter von Vorpommern aus zu meckern, als in Schwerin selbst zu gestalten?

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Nachdenken und dazulernen

Marcel Falk wird bei dieser Frage im Gespräch mit dem Nordkurier nachdenklich. Vieles habe er im vergangenen Jahr dazulernen müssen, er sei nicht desillusioniert, aber jetzt doch deutlich realistischer in seinen Einschätzungen, gibt er zu. „Ich hatte andere Erwartungen und Ideen und bin von der Realität eingeholt worden”, zieht er nach einem Jahr Bilanz.

Vor allem die Krisen machen es aus Falks Sicht schwer: „Die Frage der Flüchtlingsströme besteht immer noch, dann ist Corona dazugekommen, der Krieg in der Ukraine, die Energiekrise und bei uns im Land die Zukunftsfrage der Werften. Das waren im Prinzip schon die Themen, die uns im vergangenen Jahr beschäftigt haben”, schätzt er ein.

Die Gestaltungsräume für Vorpommern seien aus Sicht des Landtagsabgeordneten derzeit eher gering. „Die finanzielle Situation vom Land ist wirklich angespannt”, sagt er. Auch hier habe sich die Perspektive vom fordernden, auf Schwerin oftmals schimpfenden Stolper Bürgermeister hin zur eigenen Verantwortung für die Landespolitik deutlich gewandelt, gibt Falk zu.

Falk sieht SPD-Wahlversprechen erfüllt

Als Erfolg für die Region rechnet er sich die Finanzierung des Senkgartens in Ziethen an oder die neuen Feuerwehrfahrzeuge für Bandelin und Gützkow. Und ein bisschen klappt das mit dem Schimpfen nach oben auch immer noch: Beim Anklamer Großprojekt, dem Ikareum, etwa sieht Falk nun den Bund in der Verantwortung, die Förderung und finanzielle Unterstützung zu liefern. „Ich finde das Projekt gut und unterstütze es, aber die Entscheidungen dazu müssen in Berlin gefällt werden”, so Marcel Falk.

Die Wahlversprechen seiner Partei, der SPD, im Land sieht er dagegen weitestgehend schon jetzt erfüllt. Angefangen vom Mindestlohn, über den kostenfreien Ferienhort, bis zum Wahlalter ab 16 seien alle Themen bereits im ersten Jahr abgeräumt worden, lautete das Eigenlob für die rot-rote Regierung vom Vorpommer.

Falk selbst arbeitet im Landtag in drei Ausschüssen mit. Neben dem Agrar- und dem Wirtschaftsausschuss sitzt er auch noch im Petitionsausschuss des Landes und gilt darüber hinaus als verkehrspolitischer Sprecher der SPD-Landtagsfraktion. Neue Themenbereiche für den sonst eher beim Thema Tourismus sattelfesten Stolper, der sonst im Regionalen mit markigen Sprüchen auch gerne mal groß aufschlug.

Bleibt also auch die Frage, wie viel Poltern Marcel Falk jetzt noch erlaubt ist. In Schwerin sorgte er bereits bei seinem ersten Redetag mit Ausfällen gegen einen Grünen-Landtagsabgeordneten sowie später mit einer nachgesagten Kneipenschlägerei für Aufsehen.

„Ich kann immer sagen, was ich denke”

Trotz allem: Den Mund habe man ihm noch nie verboten, sagt Falk. „Ich kann immer sagen, was ich denke – auch in der Fraktion. Meine Meinung darf ich sagen und das mache ich auch. Aktuell an der Krisensituation ändert das aber nichts. Wir haben Regierungsverantwortung, dem muss ich mich stellen und unterordnen. Einbuttern lasse ich mich jedoch keineswegs”, so Falk. Gleichzeitig spricht er jedoch auch von den Leitlinien in der SPD, der er erst seit seinem Wahlkampfantritt zugehört. Rüffel und Anranzer aus der Partei gab es bislang nicht, beteuert er.

Doch kann Marcel Falk wirklich so frei agieren oder lässt beispielsweise das überschwängliche Lob etwa für das bundesweite 9-Euro-Ticket doch den Parteidruck erkennen? Für viele Vorpommern dürfte dieses zumindest im dünnen Nahverkehrsnetz wenig Auswirkungen gehabt haben. Doch diese Kritik ficht Falk nicht an. Seine Tochter habe beispielsweise das Ticket oft genutzt, somit hätten aus seiner Sicht eben auch junge Leute davon profitiert.

Besonders das Nachfolgeticket für 49 Euro habe nun seine volle Unterstützung, ergänzt er. Zu den großen Verkehrsprojekten im Land zählt nach wie vor auch die Wiederbelebung der Bahntrasse nach Usedom über die Karniner Brücke. Wohl schon eher ein Milliardenprojekt, so Falk, dessen Einsatz sich trotzdem lohnt. Der Verkehrskollaps auf Usedom sei sonst nicht aufzuhalten, prophezeit er.

Neben den großen Themen bleiben für ihn aber auch noch die Ehrenämter in Vorpommern – für die hat er überraschender Weise jetzt teilweise sogar mehr Zeit. „Die langen Autofahrten nach Schwerin bringen etwa zum Telefonieren mehr Möglichkeiten mit sich, als damals bei meinem Job etwa im Sozialamt”, erklärt er. Sein großes Ziel, eine Peenetalkonferenz zu starten, bleibe nach wie vor – hier sieht er als ehrenamtlicher Bürgermeister und als Landtagsabgeordneter große Entwicklungschancen. Dafür wolle er auch weiter werben, versichert Falk. „Die „Wut von der Peene” ist schon noch da, aber gezügelter. „Ich habe Lust was zu entwickeln und immer noch tausend Ideen”, sagt er.

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