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Bürger protestieren

Flüchtlingsquartier – Ultimatum an die Stadt gestellt

Loitz / Lesedauer: 4 min

Die Debatte um die Unterbringung von Flüchtlingen in Loitz spitzt sich zu. Ein Ultimatum soll die Politik unter Druck setzen. Dabei ist von Selbstjustiz die Rede.
Veröffentlicht:21.01.2023, 06:42

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Bürger in Loitz haben die Sitzung des Finanzausschusses der Stadt genutzt, um einen Protestbrief zu übergeben. Der fährt scharfe Geschütze gegen die Nutzung der ehemaligen Diesterweg-Grundschule als Flüchtlingsunterkunft  auf und fordert Sicherheitsmaßnahmen ringsherum.

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36 Flüchtlinge in ehemaliger Schule

Die Immobilie am westlichen Ortsrand gehört mittlerweile dem Landkreis, der dort erneut Flüchtlinge einquartiert hat. Waren es vergangenes Jahr fast ausschließlich Frauen und Kinder aus der Ukraine, leben dort seit der zweiten Januar-Woche nun vor allem Männer aus anderen Teilen der Welt. Nach Auskunft des Landratsamtes vom Freitag handelt es sich momentan um 36 Personen.

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Schon am Tag vor der Sitzung hatte Bürgermeisterin Christin Witt eine gut vierhundert Namen umfassende Unterschriftenliste für eine „Petition zum Thema Migrationsaufkommen im ländlichen Bereich“ von Unternehmer Mario Kehrle aus Voßbäk übermittelt bekommen. Verbunden mit der Forderung, für die „innere Ordnung und Sicherheit“ zu sorgen. Denn die Einwohner sähen die gefährdet, fänden es nicht gut, was da in ihrer Stadt passiere, erläuterte der Mann hinterher gegenüber dem Nordkurier. Am Abend darauf legte er im Ausschuss mit einem Ultimatum an Kreis- und Stadtverwaltung nach, das drei „präventive Sofortmaßnahmen“ beinhaltet – mit Frist bis zu diesem Freitag um 17 Uhr.

Bürger fordern, Brücken zu versperren

So wird das durchgängige Einschalten der Straßenbeleuchtung von der Abenddämmerung an bis ins Morgengrauen hinein verlangt. Zudem sollen die beiden Zugänge von der alten Schule zur Neustadt geschlossen, sprich die dortigen Brücken über den Ibitzbach versperrt werden. Als „Schutz für beide Seiten“, wie Kehrle nun hinzufügte. So wäre nur noch die Zufahrt zur Unterkunft von der Haupstraße aus offen. Überdies mahnt das Papier die zeitweise Präsenz von zusätzlichem Sicherheitspersonal am Loitzer Schulcampus an der Goethe- und Sandfeldstraße an.

Ermittlungen nach Vorfall an Schule

Der befindet sich zwar am entgegengesetzten Ende des Ortes. Doch unweit davon gab es am Dienstagnachmittag einen polizeilich vermerkten Vorfall. Ein Unbekannter soll versucht haben, ein elfjähriges Mädchen mit sich zu ziehen. Allerdings existiert keine brauchbare Personenbeschreibung.

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Offensichtlich fungiert diese Meldung aber als eine Basis für das besagte Ultimatum, auch wenn da von einem zwölfjährigen Mädchen die Rede ist. Es wird von ersten Übergriffen auf Kinder durch Menschen mit Migrationshintergrund geschrieben. Verknüpft mit der Ankündigung, bei Nichtreaktion seitens der Behörden diesbezügliche Eigeninitiativen umzusetzen, die Rede ist sogar von Selbstjustiz.

Polizei widerspricht den Gerüchten

Nach Ansicht der Polizei steht die öffentliche Sicherheit überhaupt nicht infrage, sie verweist in einer Stellungnahme auf die verstärkte Bestreifung der Umgebung seit der Reaktivierung der Flüchtlingsunterkunft. „Wir nehmen alle Hinweise ernst und möchten mit den Bürgerinnen und Bürgern dazu ins Gespräch kommen“, erklärte Andrej Krosse, Pressesprecher der Inspektion Anklam. Wohl wissend, dass es auch um ein subjektives Sicherheitsgefühl geht. Der Hauptkommissar warnte vor einer Stimmungsmache und stellte klar: „Nach aktuellem Stand kann nahezu ausgeschlossen werden, dass diese Tat von einem Bewohner der Unterkunft begangen wurde.“

Aktualisierung - 27.01.23 - 17:09 Uhr: Laut Polizei, hatte sich das Mädchen die Belästigung ausgedacht

Info-Veranstaltung geplant

Die Kommune wiederum fühlt sich etwas zwischen den Stühlen sitzend, wie Bürgermeisterin Christin Witt im Gespräch mit dem Nordkurier andeutete. Schließlich sei die Nutzung des Gebäudes Sache des Landkreises. Auf jeden Fall werde die Straßenbeleuchtung nun ausgedehnt, wenn auch nicht so umfangreich wie gefordert. Entlang der Nebenstraßen bleibe das Licht bis Mitternacht an, in den Hauptstraßen und der Neustadt bis eine Stunde danach. Um 4 Uhr werden dann überall die Laternen wieder angeschaltet. Bei den beiden anderen Punkten des Ultimatums hingegen winkte sie ab: Diese seien schon allein aus rechtlicher Betrachtung nicht machbar.

Die Rathaus-Chefin begrüßte die Absprache mit dem Landkreis, derzufolge am kommenden Mittwoch, dem 25. Januar, um 19 Uhr in der Aula der Regionalen Schule eine gemeinsame Informationsveranstaltung für die Bevölkerung stattfinden soll. Zudem soll es ab diesem Datum eine wöchentlich wiederkehrende Bürgersprechstunde des Integrationsbeauftragten des Landkreises in Loitz geben.

„Der Landkreis ist sich der angespannten Situation in Loitz bewusst“, erklärte am Freitag Florian Stahlkopf von der Pressestelle des Landratsamtes. „Es wird alles getan, um die Situation bestmöglich zu bewältigen, die Menschen vor Ort mitzunehmen und die bestehenden Probleme zu lösen. Dabei arbeitet der Landkreis eng mit anderen Akteuren, wie der Polizei oder der Stadt zusammen.“

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