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VFC Anklam

Fußballverein distanziert sich von rechtem Sponsor

Anklam / Lesedauer: 4 min

Ein Anklamer Wirt aus dem rechtsextremen Spektrum wurde vorige Woche zu einer Haftstrafe verurteilt, weil er einen Schüler ins Krankenhaus geprügelt haben soll. Der VFC Anklam ließ sich von ihm sponsern - bis jetzt.
Veröffentlicht:17.10.2020, 10:53

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Der VFC Anklam hat sich am Freitag öffentlich von jeglicher Form von Rassismus und Ausländerfeindlichkeit distanziert. Anlass dazu gab die Nordkurier-Berichterstattung über die Zusammenarbeit des Vereins mit einem zweifelhaften Sponsor – einem Gastronom aus Anklam.

Der Nordkurier hatte am Freitag öffentlich gemacht, dass der Gastwirt, der in der Stadt in der rechten Szene vernetzt ist, wegen einer Prügelattacke auf einen 15-Jährigen vor Gericht stand und zu einer 18-monatigen Haftstrafe verurteilt wurde. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Umstrittener Gastwirt spendiert Trikots und Bälle

Der Gastronom hatte den Kreisliga-Fußballern des VFC Anklam II erst vor Kurzem neue Fußbälle und Aufwärmshirts spendiert – darüber hatte der Verein unter anderem auf seiner Internetseite berichtet. Dies änderte sich jedoch am Freitagabend. „Wir distanzieren uns eindeutig und unmissverständlich von jeglicher Form von Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Personen, die sich neben dem Grundgesetz bewegen”, heißt es in einer Stellungnahme, die der Verein unter anderem auf seiner Facebook-Seite öffentlich machte.

Demnach seien Kinder, Jugendliche und Erwachsene aus anderen Herkunftsländern fester Bestandteil der Vereinsarbeit. Auch zum Aufgebot des zweiten Männer-Teams, welches zuletzt von dem Sponsoring profitiert hatte, würden Aktive mit Migrationshintergrund zählen.

Sponsoring mit sofortiger Wirkung beendet

Der Sponsor hatte den Verein mit seiner Spende erstmals unterstützt, wie Vereinschef Jörg Hasselmann – seines Zeichens zugleich Vize-Landrat im Kreis Vorpommern-Greisfwald – erklärte. Inzwischen seien der Landesfußballverband sowie Anklams Bürgermeister Michael Galander (IfA) darüber informiert worden, dass sich der Verein mit sofortiger Wirkung von ihm getrennt habe.

Auf Nordkurier-Nachfrage versicherte Hasselmann, künftig noch intensiver prüfen zu wollen, von wem sich der Verein unterstützen lässt. In diesem Fall habe man sich im Vorfeld mit dem Betroffenen unterhalten und auf dessen Aussagen, er habe nichts mit Rechtsextremen zu tun, vertraut. Der Gastronom soll sich Hasselmann zufolge glaubhaft vom rechten Spektrum abgegrenzt haben.

Vereinschef Hasselmann: Vertrauen in die Person war ein großer Fehler

„Unser Vertrauen in die Person stellte sich leider als großer Fehler heraus”, sagte Hasselmann. „Darüber sind wir enttäuscht.” Die Trikots, auf denen das Restaurant-Logo des Wirtes prangt, sollen ab sofort nicht mehr zum Einsatz kommen. Zudem sei der Sponsor aus allen Medien entfernt worden.

Anklams Bürgermeister Michael Galander geht auf Nordkurier-Nachfrage grundsätzlich davon aus, dass im dünn besiedelten Anklamer Raum eigentlich alle Unternehmen sowie deren Inhaber bekannt sein sollten. „Das war im Fall des VFC wohl auch nicht anders”, sagte er.

Galander: Vereine müssen Sponsoren besser prüfen

In dem Vorgehen des Wirtes erkennt er eine Strategie: „Gerade so versuchen ja bekannte Nazis in Gesellschaft und Vereine als die „Guten und Gönner” vorzustoßen”, sagte er. Manchmal sei da wohl auch Gleichgültigkeit und/oder Naivität bei den empfangenden Vereinen und Personen dabei. „Natürlich müssen die Vereine ihre Spender und Sponsoren besser prüfen. Im Fall des VFC hätte man es sogar wissen müssen.” Vereinsvorstände könnten sich laut dem Bürgermeister jederzeit an die Stadtverwaltung wenden, wenn sie nicht sicher seien, mit welchem Sponsor sie zu tun haben.

Die stellvertretende Bürgermeisterin, Beatrix Wittmann-Stifft, sagte: „Die Vereine sollten darauf achten, wer als Spender und Sponsor auftritt, schließlich stellen sie die Werbeplattform zur Verfügung und werden dadurch mit dem Werbenden in direkten Zusammenhang gebracht.” Dies gelte sowohl geschäftlich als auch politisch. Schnell entstehe der Eindruck, dass die Ansichten des Sponsoren toleriert werden. Vorstandsmitglieder und Vorsitzende der Vereine stünden ihr zufolge stellvertretend für die Vereinsmitglieder und müssten daher genauestens abwägen, welche Spenden sie annehmen. „Wenn der finanzielle Schuh mal drückt”, fügte Wittmann-Stifft an, sei die Stadt Anklam jeder Zeit bereit dazu, den Vereinen beratend zur Seite zu stehen und nach Möglichkeit Unterstützung zu vermitteln.

VFC will gesellschaftliche Verantwortung tragen

In dem Statement des VFC Anklam heißt es weiter: „Unsere Mitglieder, Trainer und Fans sind Teil der Gesellschaft und somit auch von gesellschaftlichen Veränderungen in politischen, kulturellen und sozialen Bereichen betroffen. Wir stellen uns dieser gesellschaftlichen Verantwortung und treten über den sportlichen Bereich hinaus für die Interessen unserer Mitglieder, Trainer, Fans und Ehrenamtlichen ein.” Der Verein stehe für ehrlichen Sport und klare Bekenntnisse zu elementaren Grundwerten. Toleranz und Respekt im gegenseitigen Miteinander seien die wichtigsten Eckpfeiler des VFC Anklam.

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