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Corona-Pandemie

Lüfter für die Schulen? Das Handwerk weiß von nichts

Anklam / Lesedauer: 4 min

Vor dem Schulstart wurde viel diskutiert: Sind mobile Luftreiniger in Klassenzimmern eine Möglichkeit, Corona-Ausbrüche zu verhindern? Fachfirmen wurden aber wohl nicht gefragt.
Veröffentlicht:03.08.2021, 05:57

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Neues Schuljahr – neues Glück? Nach den Ferien sind Schüler und Eltern wohl gleichermaßen hoffnungsvoll, dass Corona ihnen im Alltag nicht gleich wieder einen Strich durch die Rechnung macht. Doch in den Schulen scheint gerade im Bereich der viel diskutierten Luftfilter nicht wirklich viel passiert zu sein.

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Oder wie es ein Thorsten Rabe, technischer Berater beim Fachverband Sanitär Heizung Klima (SHK) Mecklenburg-Vorpommern aus Schwerin, ausdrückt: „Ein Boom bei den Fachfirmen zur Installation von Lüftern blieb aus. Solche Aufträge waren bis jetzt nur ein Nischen-Geschäft.”

Probleme mit DDR-Lüftungsrohren

Und Rabe weiß, wovon er spricht: 1500 Betriebe mit 8000 Beschäftigten sind im Fachverband SHK registriert. Die Sache sei nicht nur „zeitlich schwierig gewesen, sofern es eine hohe Nachfrage gegeben hätte”. Das Interesse der Schulen sei zudem offenbar aktuell einfach nicht groß.

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Das größte Hindernis für mögliche Installationen sieht Thorsten Rabe ohnehin bei den Schulen selbst. „Gut 90 Prozent der Schulgebäude im Land sind die Einheits-Altbauten aus DDR-Zeiten. Dort entsprechend Rohre für die Belüfter zu installieren, ist nicht so einfach. Unsere Leute hatten bei den wenigen Aufträgen vielleicht auch darum eher mit Beratungen und Einweisungen für die ab und an georderten mobilen Lüfter zu tun”, beschreibt der Techniker die Lage.

Lieber Klimaanlagen statt Luftfilter

Von der Anfrage bis zur Förderung würde zudem Zeit vergehen. Allein deshalb sei es schwierig gewesen, während der Ferien solche Aufträge auszuführen. Dass es nun aber so wenige waren, dafür schiebt Rabe den schwarzen Peter schon der Politik zu. „Jahrelang ist in so vielen Bereichen nichts geschehen. Das alles rächt sich jetzt”, findet er. Und zielt dabei nicht nur auf die Schulbauten, sondern auch technische Voraussetzungen für die Schüler ab.

Wie es nach den Ferien in Sachen Corona an den Schulen weitergeht, möge er sich gar nicht ausmalen. Sinnvoller wäre es zudem nach Rabes Ansicht, Schulen mit Klimaanlagen statt den viel diskutierten mobilen oder sogar fest installierten Luftfiltern auszurüsten. Die Klimaanlagen würden gerade in heißen Zeiten mehr Sinn machen und im Grunde das ganze Jahr von nutzen sein.

„Nicht einen einzigen Auftrag für Lüfter”

Über Sinn oder Unsinn der Lüfter-Aktion in den Klassenzimmern kann auch Hagen Möhr mitreden. Er, der nun wieder selbst sein Grundschulkind in den Lernräumen weiß, hat als Chef der gleichnamigen Heizungs- und Sanitärfirma in Anklam während der Ferienzeit „nicht einen einzigen Auftrag in Sachen Luftfilter an Schulen” abgearbeitet. Und das, obgleich er seit elf Jahren auch außerhalb von Anklams Grenzen dienstlich unterwegs ist.

Möhr sieht ebenfalls vor allem die Politik in die Pflicht: „Wir schleppen uns seit mehr als eineinhalb Jahren durch diese Zeit. Aber wirklich besser geworden ist es nicht. Und wie soll es besser werden, wenn nicht einmal in Neubauten etwa bei Schulen gleich von vornherein Lüfter eingeplant werden. Beim Anklamer Schulcampus ist das meines Wissens so. Ich befürchte, dass wir nach den Ferien rasch wieder das Gleiche erleben wie vor den Ferien.”

Über Lüfter wird jetzt nachgedacht

Möhr hat sich ein wenig in Rage geredet. Auch wenn die Auftragslage generell auch in Corona-Zeiten durch viele Sanierungen und Neubauten gut sei, ärgere ihn das sehr. Ausbaden müssten es die Kinder und Jugendlichen, so der Familienvater.

Was den Schulcampus Anklam betrifft – dort wird die denkmalgeschützte Käthe-Kollwitz-Schule saniert und ein neues Lernhaus gebaut – will das Bauamt die Vorwürfe zu den ungeplanten Lüftern „so nicht bestätigen”, wie Sylvia Thurow, Chefin Bau, Stadtentwicklung und Immobilienmanagement auf Nachfrage sagt. Bei dem Denkmalhaus sei es in der Tat schwer, neue Lüfter einzubauen. Aber beim Neubau „sind durchaus Lüftungsanlagen bedacht, wenn wohl auch nicht solche, wie sie aktuell diskutiert werden”.

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Man wolle mit dem Neubau sehr wohl moderne Räume vorhalten. Zudem werde nun, nachdem es vor einigen Wochen noch nicht so im Vordergrund gestanden hatte und die Schulen eher auf ihre Hygienekonzepte gesetzt hatten, auch über den Einbau von Lüftern oder mobilen Geräte in anderen Schulen laut nachgedacht.