StartseiteRegionalAnklamRoboter Pepper soll bei Schlaganfall-Therapie helfen

Unimedizin Greifswald

Roboter Pepper soll bei Schlaganfall-Therapie helfen

Greifswald / Lesedauer: 3 min

Für Schlaganfall-Patienten fehlen ausreichend Therapeuten. Die Unimedizin Greifswald testet jetzt den Einsatz von Robotern – und sucht Betroffene.
Veröffentlicht:08.06.2022, 06:38

Artikel teilen:

„Pepper“ ist etwa 1,20 Meter groß, glänzend weiß, trägt ein Touchscreen-Tablet vor der Brust und gewinnt mit seinen Glubschaugen sofort die Sympathie seines Gegenübers. Das war auch bei Manja Dube nicht anders. Vor vier Jahren hatte die damals 35-Jährige aus Burow nördlich von Altentreptow zwei Schlaganfälle erlitten, war halbseitig gelähmt und kämpfte sich seitdem mühsam und mit Unterstützung von Familie, Ärzten und Therapeuten zurück ins normale Leben.

Übungen mit „Pepper”

Heute sitzt die junge Frau in der Unimedizin Greifswald „Pepper“ gegenüber, einem humanoiden Roboter, der mit ihr Tag für Tag diverse Übungen trainiert, um die Funktionsfähigkeit der rechten Hand zu verbessern. „Der ist richtig cool“, sagt Anja. Insgesamt acht verschiedene Geschicklichkeitsaufgaben gehören zum gemeinsamen Rehabilitationstraining, das der kleine Gesell, der Mimik und Gestik analysieren kann, überwacht.

Nach 33 Sekunden hat Manja den Test, bei dem sie kleine Figuren aufeinanderstapeln muss, absolviert. Und „Pepper“ ist voll des Lobes: „Die erste Aufgabe haben Sie geschafft, sehr gut,“ sagt der drollige Helfer, der von französischen und japanischen Firmen entwickelt wurde und dessen „Geschwister“ weltweit auch schon auf Fachmessen, an Hotelrezeptionen, in Bibliotheken und in Pflegeeinrichtungen „arbeiten“ oder in Wartezimmern von Arztpraxen den Kindern Märchen erzählen.

Anfangs sei sie sehr skeptisch gewesen, sagt Patientin Manja. Dass ein Roboter zumindest teilweise eine Therapeutin ersetzen könne, habe sie erst nicht glauben können. „Aber es macht irgendwie Spaß mit ihm, die Aufgaben spielerisch zu absolvieren. Und der kleine Roboter hat Zeit, die ein Arzt meist nicht hat.“ In den neun Tagen Therapie mit „Pepper“ habe sich die Koordinierung von Daumen, Zeige- und Mittelfinger schon deutlich verbessert, sagt sie.

Mehr lesen: ▶ In dieser Apotheke bedient ein Roboter die Kunden

Projekt mit zwei Millionen Euro gefördert

Insgesamt zwölf Schlaganfall-Patienten absolvieren derzeit nach standardisierten und individuell angepassten Abläufen ihr tägliches Rehabilitationstraining mit dem Roboter. Im Rahmen eines von Land und EU mit zwei Millionen Euro geförderten Forschungsprojekts werde getestet, inwiefern Roboter als intelligente Therapieassistenten bei Patienten mit mittelschweren Armlähmungen oder Sehbeeinträchtigungen effektiv eingesetzt werden können, sagt Projektleiter Prof. Thomas Platz. „Wir wollen Patientinnen und Patienten bei ihrer funktionellen Erholung unterstützen und dabei genauer untersuchen, wie der humanoide Assistent von den Patienten angenommen wird und wie gut ihre Therapiefortschritte mit ihm sind.“

Das Projekt „E-BRAiN“, an dem sich auch Experten des Greifswalder Instituts für klinische Psychologie, des Rostocker Instituts für Informatik und der Hochschule Neubrandenburg beteiligen, soll unter anderem testen, inwiefern Therapeuten bei der Rehabilitation von Schlaganfall-Patienten entlastet werden können. Denn die Zahl vor allem älterer Menschen, die einen Hirnschlag erleiden, nimmt trotz verbesserter Akutversorgung weltweit zu, während behandelnde Experten oft fehlen. Allein in Deutschland erleiden jährlich rund 200.000 Menschen einen Schlaganfall, rund 70.000 einen wiederholten Schlaganfall.

Der Bedarf sei also sehr groß, sagt Neurologe Platz. „Wir wollen herausfinden, inwiefern der humanoide Assistent in die normale Versorgung integriert werden kann und welche Fortschritte und Kosteneffizienz diese Therapie ermöglicht.“ Dafür sucht die Unimedizin derzeit noch Betroffene, die bereit sind, sich auf eine Rehabilitation mit „Pepper“ einzulassen (Tel. 03834-866966).

Mehr lesen: Roboter desinfiziert im Krankenhaus Demmin