Jetzt also auch noch die Vogelgrippe – während die Menschen vor dem Corona-Virus bangen, breitet sich in der Tierwelt die nächste Seuche aus: Der Erreger H5N8 hat in dieser Woche nach Vorfällen in Vorpommern-Rügen nun auch unseren Landkreis erreicht. Bei zwei toten Wildvögeln in der Nähe von Greifswald und auf Usedom wurde die Krankheit nachgewiesen. Das hat nun weitreichende Folgen für die Geflügelhaltung im Landkreis.
Je nach Wohnort und den deklarierten Risikogebieten müssen Besitzer ihre Tiere nun ganz im Stall lassen. Wo das genau der Fall ist und welche anderen Regelungen gelten, erläutert der Landkreis in einer Allgemeinverfügung zur Bekämpfung der Tierseuche, die diese Woche in Kraft trat. (Eine Übersicht der Risikogebiete s. unten)
Tauben sind ausgenommen
Ebenso gilt nun für alle Geflügelhalter im Landkreis, dass sie ihre Bestände dem Veterinäramt melden müssen. Geflügelausstellungen und -märkte sind zunächst verboten – ausgenommen von den Restriktionen sind lediglich Tauben. Außerdem müssen Halter sicherstellen, dass Futter- und Wasserstellen sowie Einstreu und sonstige Gegenstände im Stall nicht für Wildvögel zugänglich sind. Auch Oberflächenwasser dürfe zur Fütterung nicht mehr verwendet werden. Sterben zudem an einem Tag in einem Bestand von bis zu hundert Tieren mindestens drei Vögel, ist das Veterinäramt zu benachrichtigen. Gleiches gilt bei größeren Beständen ab einer Sterbequote von zwei Prozent.
Keine Ausstellungen, kein Treffen oder Austausch mit anderen Züchtern – allein schon die Corona-Pandemie hat das Vereinsleben der Rassegeflügelzüchter vielerorts zum Erliegen gebracht. Und als wäre das nicht schon schlimm genug, ist jetzt auch noch das zweite Virus da, weshalb die Laune bei den Züchtern noch weiter gesunken ist. Sie fürchten Szenarien wie vor gut fünf Jahren – als die Aufstallpflicht fürs ganze Land verhängt und Anklam gar zum Sperrgebiet erklärt wurde.
Anklam: Werden Züchter dem Hobby den Rücken kehren?
An all das möchte Volker Brieger, der Vorsitzende der Anklamer Rassegeflügelzüchter, lieber gar nicht denken. Auch, weil viele Züchter in diesem Jahr mehr Tiere als sonst besitzen. „Der Austausch und Verkauf war durch die fehlenden Ausstellungen schwieriger“, erklärt er. Kommt jetzt die Aufstallpflicht, fürchtet er, dass viele Züchter ihrem Hobby den Rücken kehren.
Zwar hätten einige nach den Erfahrungen vergangener Vogelgrippe-Ausbrüche baulich aufgerüstet, das sei jedoch nicht allen möglich. „Gerade bei Pachtflächen können und wollen viele keine kostspieligen Vollieren installieren“, sagt Brieger. Er selbst sei Verfechter der naturnahen Haltung, die Tiere werden also im Freien auf frischem Grün gehalten. Die Stallpflicht sei immer schmerzlich, egal, wie viel Platz den Tieren dabei bleibt.
Uecker-Randow: Tiere notschlachten, um den Bestand zu verkleinern
Eine mögliche Aufstallung ist ebenso für Astrid Grün ein wichtiges Thema. Auch wenn die Geflügelpest bisher noch etliche Kilometer von ihrem Betrieb „Grüner Gänsehof“ in Ladenthin entfernt ist, bereitet sich die Besitzerin schon jetzt für eine eventuell bald kommende Aufstallungspflicht vor.
Derzeit treffe sie grundsätzliche Vorbereitungen – sie schlachtet viele Tiere, um ihren Bestand zu verkleinern. „Wenn die Aufstallungspflicht für den Landkreis kommt, dann sollen die Tiere nicht in stark beengten Verhältnissen leben müssen“, sagt die Besitzerin von mehr als 2000 Gänsen.
Ansonsten würden sich die Vorbereitungen zum Schutz gegen die Geflügelpest ein wenig mit den Corona-Maßnahmen überschneiden. „Es dürfen beispielsweise keine betriebsfremden Menschen auf den Hof kommen“, erklärt Astrid Grün eine für beide Erkrankungen geltende Schutzmaßnahme. Ihr Mann, Emanuel Reim, ist Vorsitzender des Bauernverbandes Uecker-Randow. Für ihn kommt der Ausbruch der Geflügelkrankheit nicht ganz unerwartet. Bei der feuchten Witterung, die es diesen Herbst gegeben habe, sei die Wahrscheinlichkeit ohnehin höher gewesen, dass die Vogelpest ausbreche als in den Jahren zuvor, sagt er.
Ueckermünder Tierpark untersagt Füttern der Wildenten
Auch der Ueckermünder Tierpark ist gewappnet, erklärt Brigitte Rohrhuber. „Wir bereiten uns darauf vor, die Tiere einstallen zu können, wenn wir es müssen.“ Außerdem ist derzeit das Füttern der Wildenten, die dem Park ab und an einen Besuch abstatten, untersagt.
Insgesamt gibt es 130 Vögel in der Einrichtung, die von einer eventuellen Stallpflicht betroffen wären. „Aber alle diese Tiere haben auch einen Stall, in den sie könnten, sodass kein Kontakt zu Wildgeflügel entsteht.“ Zudem sei man immer in Kontakt mit dem für den Tierpark zuständigen Amtstierarzt aus Pasewalk.
Greifswald: Keine verunglückten Tiere mehr aufnehmen
Geschäftsführerin Heidi Schönherr hält ihren Greifswalder Tierpark ebenfalls für vorbereitet. Man habe aus den vergangenen Jahren gelernt. Ab Montag müssen die gefiederten Bewohner in das alte Heu- und Strohlager, intern bereits die Entenscheune genannt. Eine Sondergenehmigung haben nur die Pfauen. Schönherr tut es vor allem für die Familien und Senioren leid. „Gerade jetzt, in der Corona-Zeit, kommen doch viele in den Tierpark und genießen die Natur bei uns.“ Auch die Auffangstation für Wildvögel muss geschlossen werden. „So weh es uns tut, wir können bis auf Weiteres keine verunglückten Wildvögel mehr aufnehmen. Die Gefahr für unseren eigenen Bestand wäre zu groß.“