In Berlin wurden angehende Lehrer mit einem Fragebogen gedrängt, mögliche Tattoos preiszugeben. Auch sollten die Referendare Fotos all ihrer Tätowierungen machen und dann an die Verwaltung schicken. Die Berliner Senatsbildungsverwaltung hat den umstrittenen Fragebogen am Donnerstag laut eines Bericht des Tagesspiegels gestoppt
Die Berliner Senatsverwaltung für Bildung forderte in dem Tattoo-Fragebogen detaillierte Angaben zum jeweiligen gestochenen Körperschmuck: Länge, Breite und die exakte Körperstelle wurden mit Hilfe eines Schaubildes abgefragt – auch, was die Tätowierung darstellt und sogar, welche Bedeutung sie für den Träger oder die Trägerin hat. Die Angaben und Fotos sollten in der Personalakte aufbewahrt werden.
Auch kündigte die Verwaltung in dem Fragebogen an, dass alle Angaben bei der amtsärztlichen Untersuchung geprüft werden. Bei Tätowierungen mit bedenklicher Bedeutung will die Senatsverwaltung über das weitere Vorgehen entscheiden.
Die angehenden Lehrerinnen und Lehrer wurden am Ende des Fragebogens auch darauf hingewiesen, dass Tattoos, die nach der amtsärztlichen Untersuchung entstehen und vor einer Verbeamtung gestochen werden, später die Entlassung zur Folge haben könnten.
Der Hintergrund für den intimen Fragenbogen waren laut Verwaltung mögliche Tattoos, die einen Dienst im öffentlichen Dienst verhindern. So hieß es, dass grundsätzlich „Tätowierungen für eine Verbeamtung als Lehrkraft kein Hindernis” seien, sofern sie nicht geeignet sind, „sich gegen die freiheitlich-demokratisch Grundordnung zu richten”.
Darunter wurden Darstellungen gesehen, die unter anderem rechts- oder linksradikal, extremistisch, sexistisch, frauenfeindlich oder entwürdigend sind. Auch gewaltverherrlichende und menschenverachtende Darstellungen fielen darunter.
„Gewissensüberprüfung per Hautscreening”
Gegen den Fragebogen gab es heftige Kritik von den Senatsfraktionen und der Lehrergewerkschaft in Berlin. Die Bildungsgewerkschaft GEW fordert die Verwaltung auf, sofort auf die Fragebögen zu verzichten. „Beamte müssen ihre Verfassungstreue ohnehin erklären, sie unter einen Generalverdacht zu stellen, ist ein Skandal,“ hieß es von der GEW am Donnerstag. Ein Sprecher der Bildungsverwaltung teilte am Donnerstagabend schließlich mit, dass der Fragebogen gestoppt werde.
Hier „wird die Verfassungstreue bis unter die Unterhose erschnüffelt. Dass die Amtsärzte dann die gemachten Angaben auch noch überprüfen sollen, schlägt dem Fass den Boden aus“, hatte Udo Mertens von der Gewerkschaft GEW kritisiert. „Fragen nach Tattoos, soweit diese äußerlich nicht in Erscheinung treten, halten wir für einen unzulässigen Eingriff in die Persönlichkeitsrechte beziehungsweise in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung”.
Die Verwaltung hatte laut Berliner Morgenpost ihr Vorgehen zunächst mit gleichen Regelungen bei Untersuchungen zur Verbeamtung, etwa bei der Polizei und der Justiz. Und verwies dabei auf den Fall eines angehenden Lehrers aus Brandenburg, der in einem Schwimmbad mit rechtsextremen Tattoos aufgefallen war.
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