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Mit Hämmern und Messern

Frau misshandelte ihren Freund fast zu Tode

London / Lesedauer: 5 min

Jahrelang ist der Brite Alex Skeel von seiner Freundin körperlich und seelisch schwer misshandelt worden. Jetzt erzählt er von dieser privaten Hölle – und warum er ihr nicht entkam.
Veröffentlicht:19.02.2019, 16:09

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Über Jahre hinweg war der Brite Alex Skeel von seiner eigenen Freundin seelisch und körperlich gefoltert worden. Jetzt, knapp ein Jahr nach seinem Entkommen, hatte der 21-Jährige den Mut, in einer Dokumentation der BBC offen von den Misshandlungen zu erzählen.

Sie lernten sich 2012 auf dem College kennen, Jordan Worth und Alex Skeel. Damals waren sie 16 und es war seine erste Beziehung, erinnerte sich Skeel bereits in einem Interview mit der britischen Fernsehsendung „This Morning”. Am Anfang schien es noch eine ganz gewöhnliche Teenie-Romanze zu sein: „Es war schön, es war gut, es kam mir sehr normal vor.” Erst später erkannte Skeel nach und nach, wozu seine Freundin fähig war.

Psychoterror nahm zu

Es begann mit kleineren Beleidigungen seiner Intelligenz. „Sie war sehr klug im akademischen Sinne”, sagt er, und diese Überlegenheit nutzte sie, um ihn systematisch zu erniedrigen und zu brechen. Sie spielte Spielchen, verschwand auf einer Urlaubsreise für lange Zeit ohne Erklärungen.

Doch der Psychoterror ging noch viel weiter: Einmal verkündete sie ihm, sein Großvater, zu dem er ein enges Verhältnis hatte, sei gestorben. Zwei Stunden lang ließ sie den in Tränen aufgelösten Freund in dem Glauben, bis sie die Lüge schließlich auflöste.

Kein Kontakt zur Familie

In den folgenden Jahren isolierte sie ihn von seinem sozialen Umfeld, löschte auch seinen Facebook-Account und erstellte einen neuen, den sie kontrollierte. Zwei Jahre lang habe er keinen Kontakt zu seiner Familie gehabt, berichtet die Bild-Zeitung, nachdem Worth ihn gezwungen hatte, zwischen ihr und seiner Familie zu wählen.

Er durfte nicht mehr Auto fahren, musste seine Stelle kündigen und sie täglich zur Universität begleiten. Als er 2014 glaubte, den Absprung zu schaffen und sich von ihr trennte, erzählte sie ihm von ihrer Schwangerschaft und Skeel blieb.

Mit dem Zusammenzug des Paares 2016 nahm das Grauen neue Formen an, Worths Gewalt wurde körperlich: Mit Flaschen schlug sie auf seinen Kopf ein. Wenn es ihm gelang, ihr die Flasche zu entwinden, nutzte sie als Waffe „alles was sie finden konnte”, schlug mit Hämmern und selbst Messern auf ihn ein. Die Wunden blieben meist unbehandelt.

Neue grausame Methoden, ihn zu quälen

„Ich hatte keine Chance, jemanden zu kontaktieren”, so Skeel. In der Sendung zeigt er die Narbe von einem dieser Angriffe, die sich über sein gesamtes Handgelenk zieht. Nach seiner Befreiung war er deswegen im Krankenhaus: „Die Ärzte sagten, einen Zentimeter weiter und ich wäre wahrscheinlich gestorben.”

Die Attacken erfolgten oft aus dem Hinterhalt, wenn er gerade schlief, ohne erkennbaren Anlass. Und sie fand immer neue grausame Methoden, ihn zu quälen. Eine ihrer letzten Ideen war der Wasserkocher: „Ich wachte auf, weil sie mir kochendes Wasser über den Rücken goss.”

Die Nachbarn wurden durch die Schreie aufmerksam und riefen mehrmals die Polizei, doch Alex Skeel ließ die Beamten vor der Tür abblitzen. Die Wunden, die blauen Flecken, all das habe er sich selbst angetan. Sie drohte, ihn umzubringen, sollte er sie verlassen, und auch um der beiden gemeinsamen Kinder willen sei er nicht weggelaufen: „Ich wollte nicht, dass meine Kinder ihre Gewalt zu spüren bekamen und stand deshalb als Jordans Zielscheibe bereit. Ich hatte Angst sie zu verlassen, wegen der Kinder.“

Dafür ertrug es der Vater, acht Monate unter seinen Klamotten auf dem kalten Fußboden schlafen zu müssen. Er ertrug Hunger. Er überlebte auch, als Worth ihn zwang mehrere Schlaftabletten auf einmal zu schlucken.

Vertraute sich Polizisten an

Schließlich war es doch ein Polizist, der ihn rettete. In seinem Auto fragte er ihn noch einmal unter vier Augen, was wirklich passiert sei. Skeel blieb bei seiner Lüge, er selbst sei für all die Verletzungen verantwortlich. Doch der Beamte ließ nicht locker: „Wir wissen, dass du dir das nicht selbst antust. Du kommst nicht aus diesem Wagen raus, bevor du mir die Wahrheit gesagt hast.” Er schaltete die Körperkamera aus. Und Skeel sagte die Wahrheit.

Inzwischen wurde die 22-jährige Jordan Worth zu einer Haft von zwei Mal sieben Jahren verurteilt. „Als die Freiheitsstrafe gegen Jordan verhängt wurde, war ich so erleichtert. Ich hatte zum ersten Mal seit Jahren keine Angst mehr und wusste, dass ich frei bin, wenigstens für die Zeit ihrer Haft”, sagt Alex Skeel der BBC. Er ist heute Trainer einer Kinderfußballmannschaft und versucht, seine Ex-Freundin zu vergessen: „Ich muss nicht meine Energie verschwenden, indem ich an sie denke.”

Außenstehenden stellt sich die Frage, warum er es wie so viele andere Opfer häuslicher Gewalt in all den Jahren nie geschafft hat, aus eigener Kraft der Hölle zu entkommen. „Das ist unmöglich zu erklären”, antwortet Skeel darauf. „Das kann man nur verstehen, wenn man es selbst erlebt hat.”