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Stress für die Wildtiere

Im Lockdown zieht es Menschen verstärkt in den Wald

Hamburg / Lesedauer: 3 min

Wenn alles andere zu hat, bleibt fast nur die Natur zur Erholung. Viele Leute sind jetzt in den Wäldern unterwegs. Das macht Reh und Co. Angst.
Veröffentlicht:25.01.2021, 16:41

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Die Deutsche Wildtierstiftung mit Sitz in Hamburg appelliert an Rodler, Wanderer und Mountainbiker, auch in der Corona-Krise auf Wildtiere Rücksicht zu nehmen. Zur Zeit ziehe es nämlich besonders viele Lockdown-Müde hinaus in die Natur.

„Eltern ziehen Kinder im Schlitten durch den Wald, Hundehalter lassen ihre Tiere ungehindert stöbern. Jogger und Mountainbiker starteten mit Stirnlampen ausgerüstet ihre Querfeldeintour bereits in der morgendlichen Dämmerung. Es ist zwar schön, dass die Menschen in den schweren Zeiten des Lockdowns die Natur wieder entdecken“, sagt Prof. Dr. Klaus Hackländer, Vorstand der Deutschen Wildtier Stiftung. „Doch der Mensch sollte sich dort wie ein Gast benehmen. Der Wald ist die Wohnung der Wildtiere.“

Wälder werden Freizeitparks

Wenn Wälder zu Freizeitparks würden, bedeute das für Rehe, Hirsche, Hasen und Co. „puren Stress”. Für Klaus Hackländer sind „Sport, Spaß und Spiel im Wald für Wildtiere unkalkulierbare Störungen. Sie nehmen den Menschen als potenziellen Prädatoren wahr, vor dem sie flüchten müssen”.

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Wenn der Mensch in Massen in den Wald drängt, gerieten Wildtiere ins Hintertreffen. Zahlreiche wissenschaftliche Arbeiten würden die negativen Effekte der Störungen durch den Menschen belegen. So habe das Schweizer Institut für Evolutionsbiologie und Umweltwissenschaft in Zürich eine wissenschaftliche Studie an Waldwegen durchgeführt und festgestellt, dass Vögel durch den Menschen stark beeinträchtigt werden. 13 Prozent von ihnen würden aufgrund der Störungen dauerhaft die Wege meiden.

Flucht kostet Kalorien

Die negativen Konsequenzen der Beunruhigung im Wald seien „gerade in den Wintermonaten besonders dramatisch”. „Die Störung fällt in die nahrungsarme Zeit, in der viele Wildtiere ihren Stoffwechsel heruntergefahren und dadurch angepasst haben, um bei Kälte Energie zu sparen“, erläutert Hackländer. „Flucht kostet Kalorien, die ein Wildtier wie beispielsweise der Rothirsch über Nahrung im Winter nur unzureichend wieder aufnehmen kann.“ Die Folge sei: Rotwild dringt immer tiefer in den Wald ein, wo die Pflanzenfresser dann Fraßschäden in Wirtschaftswäldern verursachen. Das wiederum verschärfe den Konflikt zwischen Menschen und Wildtieren.

„Es geht der Deutschen Wildtier Stiftung nicht darum, Menschen aus der Natur zu verbannen“, sagt Klaus Hackländer. Er fordert aber viel mehr Rücksichtnahme auf Wildtiere. „Wer mit dem Mountainbike querfeldein unterwegs ist, wirkt auf Wildtiere wie ein jagender Fressfeind. Die Störung durch einen Wanderer ist damit nicht zu vergleichen.“ Doch wie lassen sich die Interessen der Menschen und die der Wildtiere vereinbaren? Wie muss ich mich verhalten, damit ich Wildtiere nicht beunruhige?

Die Deutsche Wildtierstiftung rät, die Dämmerung zu meiden. Das sei die Zeit, in der viele Wildtiere die Ruhe im Wald nutzen, um nach Nahrung zu suchen. Unbedingt solle man auf den Wegen bleiben und Hunde anleinen. „Verfolgen Sie keine fliehenden Wildtiere für ein Handyfoto – und erklären Sie Kindern, dass die Beobachtung von Wildtieren auch ohne Lärm spannend sein kann.“