Vier Jahre nach seiner ersten Mission brach der deutsche Astronaut Alexander Gerst erneut ins All auf. Um 13.12 Uhr (MESZ) startete „Astro-Alex” mit einer Sojus-Rakete vom russischen Weltraumbahnhof Baikonur in Kasachstan zur Raumstation ISS. Jetzt wird die Rakete 34 Mal um die Erde kreisen, bevor sie am Freitag an die ISS andockt.
Video: Alexander Gerst startet ins Weltall
Kurz nach 13 Uhr begann der Countdown zum Start der Sojus-Rakete. Hier sehen Sie das Video vom Start:
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Hier finden Sie außerdem ein Interview mit Sigmund Jähn: „Ich schätze den Mut von Alexander Gerst”
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Alexander Gerst twitterte vor dem Start:
L-2 Std 25 min. Letzte Nachricht vor dem Start, steigen gleich in die Rakete. Nächster Halt #ISS in zwei Tagen wenn alles glatt geht. Passt auf euch auf meine Freunde! #horizons
— Alexander Gerst (@Astro_Alex) 6. Juni 2018
L-3 Stunden. Fahren zur Rakete, zu Gararin's Startplattform. Gründlich durchgecheckt steht sie da, und wartet auf den Start, alles klar! Fauchend, fast wie ein lebendiges Lebewesen. Kann es kaum erwarten, den Schub der Triebwerke im Rücken zu spüren. Pojechali! #horizons
— Alexander Gerst (@Astro_Alex) 6. Juni 2018
L-6 Stunden. Auf dem Weg zum Startkomplex, wo wir unsere Raumanzüge anziehen werden. Haben eine tolle Verabschiedung von Freunden und Familie bekommen. Stimmung in der Crew ist super. Beobachten desinteressierte Kamele am Wegesrand. #horizons
— Alexander Gerst (@Astro_Alex) 6. Juni 2018
Starttag. L-9 Stunden. Eben aufgestanden und zum letzten Mal in 6 Monaten geduscht. Mit Desinfektionsmittel abgerieben worden. Finales Frühstück auf diesem Planeten ("Kascha"), dann unterschreiben wir die Türen unserer Zimmer hier im Kosmonautenhotel. #horizons
— Alexander Gerst (@Astro_Alex) 6. Juni 2018
Beim Verlassen des Kosmonautenhotels strahlte „Astro-Alex” und winkte in seinem blauen Overall in die Menge. Er fliegt gemeinsam mit dem russischen Kampfpiloten Sergej Prokopjew und der US-Ärztin Serena Auñón-Chancellor. Zeitweise soll er bei der Mission „Horizons” (Horizonte) Kommandant der ISS sein – als erster Deutscher überhaupt. 2014 hatte Gerst rund sechs Monate als Bordingenieur auf der Internationalen Raumstation verbracht.
Familie wünscht Alexander das Allerbeste
„Wir freuen uns sehr, ihn nun zum zweiten Mal ins All fliegen zu sehen und wünschen ihm das Allerbeste”, teilte die Familie schriftlich mit. „Alexander war schon immer ein Forscher und Entdecker.” Gersts Angehörige hatten der Esa zufolge den Wunsch geäußert, in Baikonur keine Interviews zu geben.
Große Emotionen gab es bei Europas Raumfahrtchef Jan Wörner. Am Tag vor dem Raketenstart habe er Gerst gesagt: „Alex, weißt du, du könntest mein Sohn sein”, sagte der Generaldirektor der Europäischen Weltraumorganisation (Esa) am Mittwoch. Gersts Heimatort Künzelsau feiert den Flug ihres Ehrenbürgers mit einem Stadtfest. Die zentrale Veranstaltung der Esa zum Start findet im Zeiss-Großplanetarium Berlin statt. Auch in vielen anderen Orten bundesweit sind Live-Übertragungen geplant.
Nach dem «Bilderbuchstart» sei die Crew sicher im Orbit angekommen, hieß es am Mittwoch vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR). Astro-Alex stieg gemeinsam mit dem russischen Kampfpiloten Sergej Prokopjew und der US-Ärztin Serena Auñón-Chancellor in die Rakete, die planmäßig 13.12 Uhr (MESZ) abhob. «Wenn man drin ist, merkt man kaum, dass man gestartet ist», erklärte die italienische Astronautin Samantha Cristoforetti bei einer Live-Übertragung im Berliner Zeiss-Großplanetarium. «Man hört über Funk, dass man gestartet ist.»
5000 Fans in Künzelsau
Für Prokopjew und Auñón-Chancellor ist es der erste Flug zur ISS, Gerst war vor vier Jahren bereits 166 Tage im All. Er wirkte am Morgen vor dem Start sichtlich glücklich und winkte entspannt in die Menge. Gersts Heimatort Künzelsau in Baden-Württemberg feierte den Flug ihres Ehrenbürgers mit einem Stadtfest. Rund 5000 Menschen verfolgten dort, wie die Rakete mit brüllenden Triebwerken abhob. Jubel brandete auf, Zuschauer riefen «Gute Reise» und «Komm gesund wieder». «UFO-Burger» werden serviert und blaue T-Shirts mit Gersts Konterfei verteilt.
In Berlin fieberten hunderte Kinder bei der zentralen Veranstaltung der europäischen Raumfahrtagentur Esa im Zeiss-Großplanetarium beim Start mit. Die Astronautin Cristoforetti erzählte ihnen, dass auf der Internationalen Raumstation das Suchen von Sachen eine lästige und zeitraubende Angelegenheit sein könne. Gerade Neulinge verlören Dinge und müssten oft lange suchen, bis sie die in der Schwerelosigkeit herumschwirrenden Gegenstände wiederfänden.
Live-Übertragungen im ganzen Land
Auch in vielen anderen Orten bundesweit gab es Live-Übertragungen. Gerst, promovierter Geophysiker, soll während der zweiten Hälfte seiner 188-tägigen Mission «Horizons» Kommandant der Raumstation sein - als erster Deutscher überhaupt. Normalerweise ist der Posten den Hauptgeldgebern USA und Russland vorbehalten. «Ich habe den größten Respekt vor jenen, die dieses Projekt auf den Weg gebracht haben», sagte Gerst über das Raumlabor.
Teil seiner Mission sind nach DLR-Angaben 67 europäische Experimente, von denen 41 aus Deutschland stammen. Als erstes Experiment nach seiner Ankunft auf der Raumstation steht für Gerst ein Versuch zur Feinmotorik in der Schwerelosigkeit an, sagte DLR-Projektmanager Johannes Weppler. Auch ein auf Sprachbefehle hörender Roboter soll getestet werden - mit dem Projekt «Cimon» erkundet das DLR künstliche Intelligenz.
Gerst und Social Media
Gersts riesige Fangemeinde hofft auf viele neue Eindrücke und Bilder aus dem All - bei seiner ersten Mission vor vier Jahren hatte «Astro-Alex» die Welt über Social-Media-Botschaften und Fotos ausgiebig an seinem Abenteuer teilhaben lassen. Der Flug zur ISS rund 400 Kilometer über der Erde wird etwa zwei Tage dauern. Nach 34 Erdumrundungen soll die Sojus-Kapsel am Freitag an der Raumstation andocken, wo zwei weitere US-Astronauten und ein Russe auf die Neuankömmlinge warten.
Zu tun gibt es während dieser Zeit nicht viel, die ganze Zeit sitzen müssen die Raumfahrer aber nicht. Auch gibt es im Orbitalblock, der rundlichen Kugel an der Spitze des Raumschiffes, eine Toilette. Windeln unterm Raumanzug seien daher nicht obligatorisch, sagte der belgische Ex-Astronaut Frank de Winne. Auf der ISS warten neben viel Arbeit auch Käse-Spätzle und Maultaschen auf «Astro-Alex». Der 42-Jährige hat sich die Regionalspezialitäten als Wunschessen bestellt - als Abwechslung zu den sonst eher freudlosen Mahlzeiten an Bord der ISS.