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Anschlag

Terror-Jahrestag – so erlebten Nordkurier-Leser den 11. September

New York / Lesedauer: 6 min

Die Anschläge in New York jähren sich zum 22. Mal. Der Terror war so erschreckend, dass sich viele Menschen noch genau erinnern, was sie damals taten. Hier sind ihre Geschichten.
Veröffentlicht:11.09.2021, 07:55

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Manche Momente im Leben vergisst man nie wieder. Besonders wenn die Ereignisse eines solchen Moments tief bewegen – auch mehr als 20 Jahre später noch. Am 11. September 2001 flogen zwei von Terroristen geflogene Flugzeuge in das World-Trade-Center in New York. Tausende Menschen starben und das Leben in Amerika war danach nie mehr so wie vorher.

Erhöhte Alarmbereitschaft in der Kaserne

Auch in Mecklenburg-Vorpommern wissen erstaunlich viele Menschen noch ganz genau, wo sie an diesem besonderen Tag waren, was sie gemacht haben und wie sie die Nachricht aufgenommen haben. Der Nordkurier bat vor zwei Jahren Leser zum 20. Jahrestag der Anschläge um ihre ganz persönlichen Geschichten.

Nordkurier-Redakteur Lutz Reuter bei seinem ersten Besuch des World Trade Centers im Oktober 2000.
Erinnerungen

Wackelkandidat
auf dem World Trade Center

Unser Redakteur  Lutz Reuter muss beim Thema 9/11 oft zuerst an seinen Besuch des World Trade Centers denken, ein gutes Jahr bevor die Türme einstürzten – und schämt sich dabei. Hier erinnert er sich.

So erzählten zwei ehemalige Soldaten, dass Ihnen nach den Anschlägen besonders mulmig zu Mute war. Björn Lowka leistete am 11. September seinen Grundwehrdienst bei Karow am See. „Nach dem ersten Einschlag durfte unser Zug die Nachrichten im Fernsehen verfolgen”, schildert der frühere Soldat die Erlebnisse. Nachdem klar war, dass es sich um ein Attentat handelte, herrschte in der Kaserne erhöhte Alarmbereitschaft. „Abends, beim Wache gehen, wurde man ein wenig nachdenklich”, sagt Björn Lowka heute.

Ganz ähnlich erging es Andreas Liedka aus Greifswald. Auch er war damals Soldat, jedoch nicht in Deutschland, sondern im Ausland stationiert. Der heute 43-Jährige war 2001 bei der „Stabilisation Force” in Sarajevo (Bosnien-Herzegowina) im Einsatz, als ihn die Nachricht erreichte. „Das Feldlagers Rajlovac wurde sofort gesichert und die Alarmbereitschaft erhöht. Danach machten sich Nervosität und Anspannung bereit”, erinnert sich der Greifswalder.

09/11 im Kreißsaal verbracht

Viele Leser verbinden mit dem 11. September aber auch sehr viel Positives. Zahlreiche Kinder wurden schließlich ebenfalls an dem Tag geboren. Katrin Gerwien aus Zirzow bei Neubrandenburg erinnert sich noch genau an den Geburtstag ihrer Tochter. „Ich habe genau zur Zeit des ersten Einsturzes gegen 15.35 Uhr meine Tochter auf die Welt gebracht”, schreibt die damals 20-Jährige. Sie erinnert sich noch, dass vor der Entbindung das Radio die ganze Zeit Musik spielte. Doch dann stellte das Krankenhauspersonal das Radio aus. Erst einen Tag später erfuhr sie durch ihre Eltern von dem Unglück. „Viele Menschen starben an diesem Tag, aber für mich wird es trotzdem der schönste Tag in meinem Leben sein. Ich möchte mit meiner Tochter auf jeden Fall irgendwann mal nach New York. Wir haben einfach eine besondere Beziehung zu diesem Datum”, schreibt sie dem Nordkurier.

Gabor Hnizdo lebte damals in Bad Homburg und war mit dem Auto auf dem Weg zu seinem Vater, um mit ihm gemeinsam einen Ausflug nach Dänemark zu unternehmen. Im Radio hörte er dann die Nachrichten. Auf einem Rastplatz hielt er kurz an, um in sich zu gehen. Dann traf er einen Entschluss. „Gabor, du musst jetzt Deine Familie beschützen”, dachte er im Stillen bei sich und führ zurück um bei seiner Frau und seinen damals fünf und sieben Jahre alten Töchtern zu sein. Einen Tag später fuhr er dann doch noch nach Dänemark. Dort erlebte er auf dem Wasser die weltweite Schweigeminute. „Viele Jahre später besuchte ich das One-World-Center in New York City und die Gedenktafeln und alle Erinnerungen kamen wieder hoch”, schreibt der heute 59-Jährige, der inzwischen in Penzlin wohnt.

Kein Trickfilm lief im TV

Wer damals noch zu klein war, um die großen Zusammenhänge zu verstehen, sieht die Ereignisse auch mit ganz anderen Augen. Oliver Hehmke weiß noch genau, dass er als 14-jähriges Kind in Plau am See nur eine Trickfilmserie im Fernsehen sehen wollte. Doch überall liefen Nachrichten. „Bis abends habe ich gehofft, dass wenigstens die Serien ,King of Queens' und ,Dragonball Z' kommen”, schreibt uns Oliver Hehmke der heute in Lübz wohnt.

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Andreas Liedka (links) war damals als Soldat in Bosnien und Herzegowina eingesetzt. Oliver Hehmke (rechts) war noch ein Jugendlicher und wollte Trickfilme im Fernsehen schauen.
Andreas Liedka (links) war damals als Soldat in Bosnien und Herzegowina eingesetzt. Oliver Hehmke (rechts) war noch ein Jugendlicher und wollte Trickfilme im Fernsehen schauen. (Foto: NK-Montage / privat / Richard Drew)

Philipp Müller aus der Gemeinde Lübow bei Wismar war damals zehn Jahre alt und war mit seinem Vater unterwegs zum Segeln in der Wismarer Buch. Auf der Fahrt im Auto hörten die beiden von der Katastrophe, hielten es aber zunächst noch für einen Unfall. Als sie nach dem Segelausflug wieder an Land waren, erfuhren sie von dem zweiten Anschlag. „Ich wusste das etwas Schreckliches passiert war, nur warum war mir damals nicht klar”, schildert der damals 10-Jährige seine Eindrücke. Am nächsten Tag in der Schule hielt seine Englischlehrerin eine berührende Ansprache komplett auf Englisch. Die Worte verstand er damals nicht genau, doch „die Worte haben sich eingebrannt ins Gedächtnis, denn diese völlig aufgelöste Lehrerin hat uns alle betroffen gemacht.”

Anschläge auf den Great Lakes miterlebt

Die meisten Leser schrieben uns, dass sie den 11. September auf ihrer Arbeitsstelle verbrachten. So auch der Neubrandenburger Roman Oppermann, der als Professor an der Hochschule in Neubrandenburg damals wie heute arbeitet. „Nie wieder habe ich später auf der Arbeit – und auch privat – eine solche kollektive Fassungslosigkeit über der Ereignisse in New York erlebt”, schreibt der Hochschuldozent, der damals 37 Jahre alt war und mit seiner Frau telefonierte, während sie gemeinsam im Internet die schrecklichen Bilder sahen.

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Ebenfalls am Arbeitsplatz, aber am anderen Ende der Welt, erlebte der Altentreptower Klaus-Peter Risch die Ereignisse vom 11. September. Er war damals auf einem Frachtschiff auf den Great Lakes in Amerika unterwegs. Sein Schiff setzte von Chicago nach Detroit über, als der kanadische Lotse einen Anruf von seiner Frau bekam und sich die Nachricht an Board verbreitete. Von damals hat er bis heute noch eine Ausgabe des US-Magzins „People weekly” aufgehoben, welches den 11. September ausführlich thematisierte.

Der Neubrandenburger Roman Oppermann verfolgte, wie die meisten Deutschen, während der Arbeit die Schreckensnachrichten aus New York.
Der Neubrandenburger Roman Oppermann verfolgte, wie die meisten Deutschen, während der Arbeit die Schreckensnachrichten aus New York. (Foto: NK-Montage / privat / Richard Drew)

Die vielen Leser-Zuschriften zeigen, dass dieser Tag auch in Mecklenburg-Vorpommern kein normaler Tag war und dass das Ereignis auch auf die Menschen hier vor Ort Einfluss genommen hat.