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Sollte die Corona-Anwältin mundtot gemacht werden?

Heidelberg / Lesedauer: 3 min

Anwältin Beate Bahner wollte vor dem Bundesverfassungsgericht gegen die Corona-Maßnahmen klagen. Sie landete in der Psychiatrie, der Fall wirft Fragen auf.
Veröffentlicht:14.04.2020, 16:46

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Eine lautstarke Kritikerin der Corona-Verordnung soll am Ostersonntag von der Polizei gegen ihren Willen in die Psychiatrie gebracht worden sein. In den sozialen Medien wird nun heiß diskutiert, ob die Frau in einem psychischen Ausnahmezustand vor sich selbst geschützt oder eine unbequeme Protestlerin durch autoritäres Eingreifen mundtot gemacht werden sollte.

Klage vor dem Bundesverfassungsgericht

Medizinrechtlerin Beate Bahner aus Heidelberg wollte vor dem Bundesverfassungsgericht gegen die Corona-Verordnung klagen, da diese mit ihren Verboten (Läden müssen schließen, Versammlungsverbot) und den daraus resultierenden wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Schäden zu stark in die Grundrechte der Bürger eingreifen würde.

„Nicht gelungen, die Grundrechte zu retten”

Am Karfreitag hatte das Bundesverfassungsgericht Bahners Antrag allerdings im Eilverfahren zurückgewiesen. Die Anwältin, die seriöse Fachbücher schrieb und bis zu ihrer Einweisung einen guten Ruf genoss, reagierte am Osterwochenende öffentlich und drastisch auf das Scheitern ihrer Klage.

Auf ihrer Homepage kündigte sie an, ihre Zulassung als Anwältin zurückzugeben und erklärte, dass es ihr nicht gelungen sei, die freiheitlich-demokratische Grundordnung in Deutschland und die verfassungsrechtlich verankerten Grundrechte „vor dem schlimmsten weltweiten Angriff und der blitzschnellen Etablierung der menschenverachtensten Tyrannei” zu retten.

Bahner veröffentliche am Osterwochenende außerdem eine sarkastisch anmutende „Corona-Auferstehungs-Verordnung”, in der sie dazu aufrief, alle Firmen, Unternehmen, Einrichtungen, die zwecks Kontrolle des Coronavirus schließen mussten, ab sofort wieder zu öffnen.

Gegen ihren Willen eingewiesen

Am Sonntagabend wurde die Heidelbergerin dann im Rahmen einer polizeilichen Maßnahme in eine psychiatrische Einrichtung gebracht, bestätigte die Polizei auf Medienanfragen. Sprecher Norbert Schätzle vom Heidelberger Polizeipräsidium sagte der „Welt”, Anwältin Bahner habe sich gewehrt und Polizisten angegriffen.

Ein Arzt in der Psychiatrie habe sodann entschieden, sie einzuweisen. „Sie hat einen sehr verwirrten Eindruck gemacht“, begründete der Polizeisprecher das Vorgehen gegenüber „Welt”. Aus Fürsorgegründen für die Frau hätten seine Polizeikollegen die Vorstellung in der Psychiatrie für erforderlich gehalten.

Bereits am 9. April soll Bahner über ihre Homepage zu einer bundesweiten Demonstration gegen die Corona-Maßnahmen aufgerufen haben, was zu Ermittlungen wegen des Verdachts zum Aufruf einer Straftat der Heidelberger Staatsanwaltschaft führte. Die Behörde betonte am Dienstag, dass Bahners Einweisung in die Psychiatrie in keinster Weise mit diesem Ermittlungsverfahren zu tun habe. 

„Demokratie muss Hysterie aushalten”

Im Netz kursieren unbestätigte Schilderungen, wie es zum Zusammentreffen von Polizei und Anwältin kam. Bahner soll sich am Sonntag in ihrer eigenen Garage von zwei Personen bedroht gefühlt haben. Sie sei daraufhin weggelaufen und habe vorbeikommende Autofahrer gebeten, die Polizei zu rufen, heißt es.

Die Informationen stammen aus einer Tonaufnahme, in der Bahner ihrer Schwester aus der Psychiatrie heraus von den Geschehnissen und ihrer gewaltsamen Einweisung berichten soll. Der Mitschnitt wurde im Netz vielfach geteilt, ob es tatsächlich Beate Bahner ist, die spricht, blieb offen.

Inzwischen meldeten sich im Netz Bekannte der Anwältin zu Wort, die versichern, Bahner sei stets bei Verstand gewesen. Über den Stil ihrer Klageschrift ließe sich streiten. Aber: „In einer Demokratie muss es erlaubt sein, auch überzogen, gar hysterisch, seine Grundrechte einzufordern”, schreibt ein befreundeter Arzt im Internet.