StartseitePanorama▶Webcam filmt Drama um Schreiadler-Küken

Vor laufender Kamera geraubt

▶Webcam filmt Drama um Schreiadler-Küken

Riga / Lesedauer: 4 min

Ein kleiner Adler und seine Mutter wurden rund um die Uhr von einer Webcam gefilmt. Begeisterte Vogelfans schauten zu. Auch, als sich im Nest ein Drama ereignete.
Veröffentlicht:07.07.2020, 11:43

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Mehrere Tausend Menschen rund um den Globus klicken sich laut Deutscher Wildtier Stiftung regelmäßig ins Nest einer Schreiadler-Familie in Littauen. Ein Adler-Elternpaar und ein Jungtier werden 24 Stunden am Tag von einer Webcam gefilmt, die Aufnahmen auf der Seite „schreiadler.org” der Stiftung gestreamt.

Fans schauten sogar nachts zu

Absoluter Star der Wildtier-Soap: Das kleine Schreiadler-Küken, geboren Mitte Juni. Vogelfans fieberten bereits beim Brüten mit, freuten sich, als das Kleine hoch oben zwischen Baumwipfeln endlich schlüpfte, immer mehr Federn und täglich frisch erbeutete Leckerbissen seiner Eltern bekam. „Es gibt sogar Zuschauer, die gucken im Morgengrauen, was gerade im Nest los ist”, sagt Jenifer Calvi von der Wildtier Stiftung.

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Nordkurier-Leserin sah den schrecklichen Moment

Und auch eine Nordkurier-Leserin schaute zu. Gudrun Tischendorf (78) aus Niedersachsen hatte von ihrer Tochter gehört, dass es da diese süße Webcam gibt. Vergangenen Sonntag um die Mittagszeit schaute sie zum ersten Mal rein. „Das war wirklich niedlich, wie der kleine Adler da im Nest hockte”, erzählt die Naturfreundin dem Nordkurier am Telefon. „Ich hatte allerdings noch keine drei Minuten zugesehen, als etwas Schreckliches passierte.”

Aus dem Nichts kam etwas angeschossen...

Während sich das Küken gerade putzte, sei aus dem Nichts ein großer Vogel angeschossen gekommen. „Er griff sich das Küken und weg waren beide!”, berichtet die entsetzte Zuschauerin. „Dann waren nur noch das leere Nest und im Wind wogende Äste zu sehen.”

Was für ein Zufall, dass die Nordkurier-Leserin sich genau in diesem dramatischen Moment in den Stream klickte! „Ich dachte im ersten Moment fast, das ist ein Alptraum”, so Tischendorf zum Nordkurier. „Klar, die Natur kann grausam sein. Aber so etwas mitansehen zu müssen, damit habe ich dann doch nicht gerechnet, als ich den Computer angeschaltet habe!”

Mehr lesen: Schreiadler-Horst bei Stralsund zerstört

Muttertier saß stundenlang im leeren Nest

Der Küken-Raub war kein Alptraum, ein Habicht hat das Jungtier geschlagen, während die Mutter gerade auf Futtersuche war. Als sie kurz nach dem Zwischenfall mit Beute zum Nest zurückkehrte, war es leer. Stundenlang saß sie verstört und ratlos im Nest – dann flog sie davon.

Der Küken-Raub ist auf Youtube zu sehen

„Wir sind auch ganz geschockt”, sagte Jenifer Calvi von der Wildtier Stiftung dem Nordkurier. „Der kleine Adler kann einem schon leidtun.” Aber: Das sei eben auch der Lauf der Dinge. Neben der Nordkurier-Leserin habe noch ein zweiter Zuschauer den Küken-Raub mitangesehen und der Stiftung gemeldet. „Noch mal einen herzlichen Dank an die aufmerksamen Beobachter”, so Calvi.

Der littauische Betreiber der Schreiadler-Webcam hat die Szene des Habicht-Zugriffs ins Netz gestellt. Wer es sich anschauen möchte... Hier ist der dramatische Moment:

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Habicht ein geschickter Jäger

Die Deutsche Wildtier Stiftung erläutert die Aufnahmen: „Habichte sind geschickte Jäger, die ihre Beute meist von einem versteckten Ansitz heraus erspähen und jagen. Beim Zugriff wechseln sich mehrere rasche und kräftige Flügelschläge mit Gleitflugphasen ab. Durch seine kurzen Flügel und seinen langen Schwanz nutzen sie dabei äußerst geschickt jede sich bietende Möglichkeit zur Deckung und überrumpeln ihre Beute im letzten Moment. Das Schreiadlerküken im lettischen Horst hatte gegen diesen Feind keine Chance.

Auch Habichte sind derzeit meist noch mit der Aufzucht ihrer Jungen beschäftigt. Im Gegensatz zu den Schreiadlern sind ihre Jungvögel aber jetzt meist bereits flugfähig, werden aber in der Nähe des Horstes noch von ihren Eltern gefüttert.

Der kleine Schreiadler hatte schlechte Chancen

Die Tatsache, dass das Schreiadler-Küken in den vergangenen Tagen häufig allein im Nest war, könnte mit einer schwierigen Nahrungssituation in der Umgebung des Horstes zu erklären sein. Je weniger Nahrung das Adlermännchen findet, desto häufiger muss auch das Weibchen mit auf die Jagd gehen, um das Küken mit ausreichend Nahrung zu versorgen. In dieser Situation ist das Küken einer deutlich erhöhten Gefahr durch natürliche Feinde ausgesetzt.”