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Doku-Serie der Bundeswehr

Mali ist nicht Mallorca

Berlin / Lesedauer: 3 min

Die neue Serie der Bundeswehr spielt im westafrikanischen Wüstensand von Mali. Die Truppe will damit die Realität im Einsatz zeigen und neue Mitglieder gewinnen. Klappt das?
Veröffentlicht:26.10.2017, 17:03

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„Herzlich Willkommen in Gao. Es ist alles nicht so schlimm wie man es hört – es ist viel Schlimmer.” So werden die neuen Soldaten im Camp Castor begrüßt. Wahrscheinlich ist das Front-Humor, doch den Neuen ist trotzdem anzusehen, dass sie mit Respekt nach Mali aufgebrochen sind.

„Mal sehen, was kommt. Ich habe keine Angst”, sagte da etwa ein nachdenklicher Soldat Peter (der Zuschauer erfährt nur die Vornamen) beim Abschied seiner Familie am Flughafen. Die Szenen gehören zur neuen Youtube-Serie der Bundeswehr, die in den kommenden Wochen den Einsatz von acht Soldaten zeigen will. Man sieht das Lagerleben, Erkundungsfahrten, Schießtraining und ersten Kontakt mit Einheimischen.

Dazwischen sprechen die Protagonisten immer wieder ganz nah an der Kamera über ihre Erfahrungen und Gefühle, auch das gehört zur Inszenierung dieser Doku-Soap im Wüstensand. Eine erste Einschätzung beim Hinflug: „Es geht hier nicht nach Mallorca.”

Fast Täglich gibt es Anschläge

Die Internetserie wirkt mit ihren wackeligen Bildern, schnellen Schnitten und einer basslastigen Musik zeitgemäß. Sie soll ja auch bei jungen Leuten ankommen, das Ziel ist Nachwuchsgewinnung. Nach gut anderthalb Wochen wollten bereits mehr als 600.000 Zuschauer die erste Folge sehen. Ähnlichen Zuspruch gab es, als 2016 ein ähnliches Projekt an den Start ging: „Die Rekruten”. Die Serie zeigte die Grundausbildung in der Marinetechnikschule in Parow bei Stralsund.

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„Das wird so intensiv aus der Perspektive der Soldaten gezeigt, wie es Deutschland noch nicht gesehen hat”, sagte Dirk Feldhaus, eine der Verantwortlichen für die Serie, zum Start. Der Zuschauer soll hautnah dabei sein im derzeit größten und gefährlichsten Auslandseinsatz der Truppe. Rund 1000 deutsche Soldaten sind im westafrikanischen Mali stationiert, um im Rahmen der Vereinten Nationen die Umsetzung des Friedensabkommens zu unterstützen. Die Sache ist nicht ungefährlich: Nahezu täglich gibt es Anschläge, mehrere UN-Soldaten sind bereits gestorben. Das berichtet der Oberstleutnant Marc Paare in der Serie.

Insgesamt kostet „Mali” gut 6,5 Millionen Euro für die Produktion und eine groß angelegte Werbekampagne. Ähnlich teuer war auch die „Rekruten”. Doch sind für die hippe Werbung auch mehr Menschen zur Freiweilligenarmee gekommen?

„Mali” liegt nicht in Hollywood

Das Verteidigungsministerium verweist auf die gestiegene Aufmerksamkeit. „Im Sendezeitraum der Serie 'Die Rekruten' gab es 40 Prozent mehr Zugriffe auf die Karriere-Website, ein Viertel mehr Anrufe bei der Karriere-Hotline und 21 Prozent mehr Bewerbungen bei Mannschaften und Unteroffizieren”, sagte Oberst Holger Neumann, stellvertretender Ministeriumssprecher, gegenüber der „Zeit”. Die Bewerberzahlen hätten sich gleichzeitig „deutlich erhöht” und dies ließe sich auf die Serie zurückführen. Wie stark die Bewerberzahlen aber letztendlich insgesamt stiegen, wollte das das Ministerium nicht sagen. Fakt ist: Die Bundeswehr will noch in diesem Jahr 26.000 Soldaten neu einstellen.

Und wenn mit der „Mali”-Soap Rambos, Abenteurer und Waffennarren angelockt werden, die die Bundeswehr angesichts der Skandale den vergangenen Monate gerade nicht brauchen kann? Die Bewerber würden ja genau geprüft, meint der Kommunikationsbeauftragte Feldhaus. „Wir nehmen längst nicht jeden.” Für ihn ist „Mali” nicht Hollywood, sondern blanke Einsatzrealität.

(Mit Material von dpa)